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Das Lied von Troja
#1
Die Geschichte um Achilles Geburt!

Peleus erzählt:

Als in meinem Königreich Thessalien alles geregelt war und ich darauf vertrauen konnte, dass jene, die ich in Iolkos zurückließ, sich um alles kümmern würden, machte ich mich auf den Weg zur Insel Skyros. Ich war müde und sehnte mich nach dem Beistand eines Freundes, aber bisher hatte ich in Iolkos keinen Freund wie König Lykomedes von Skyros. Er war vom Glück begünstigt: Er war nicht, wie ich, von seinem Vater verbannt worden, hatte nicht, wie ich, mit Klauen und Zähnen kämpfen müssen, um sich ein eigenes Reich zu erwerben, und hatte es nicht, wie ich, im Krieg verteidigen müssen. Seine Vorfahren hatten sein felsiges Eiland von allem Anbeginn der Zeit regiert, und er hatte den Thron bestiegen, nachdem sein Vater in seinem eigenen Bett, umgeben von seinen Söhnen und Töchtern, seinen Freunde und Konkubinen, gestorben war; denn der Vater von Lykomedes hing noch, wie sein Sohn, der Alten Religion an: Für die Herrscher von Skyros gab es keine Monogamie!

Alte oder Neue Religion, Lykomedes konnte gelassen einem ebenso friedlichen Tod entgegensehen, während meine Aussichten nicht so gut waren. Ich beneidete ihn um seine geruhsame Existenz, aber während ich mit ihm durch seine Gärten schlenderte, erkannte ich, dass ihm viele Freuden des Lebens entgangen waren. Sein Reich und seine Königswürde bedeuteten ihm weniger als mir; er erfüllte seine Pflichten gründlich und gewissenhaft, war ein nachsichtiger und zugleich tüchtiger Herrscher, aber es fehlte ihm an der äußersten Entschlossenheit, das zu behalten, was ihm gehörte, weil niemand es ihm je streitig gemacht hatte. Ich kannte das Gefühl des Verlustes, des Hungers, der Verzweiflung zur Genüge. Und ich liebte mein hart erkämpftes Königreich Thessalien mehr als er je sein Skyros. Thessalien, mein Thessalien! Ich, Peleus, war König von Thessalien! Fürsten schuldeten mir Gefolgschaft, mir, Peleus, der bis vor ein par Jahren keinen Fuß nördlich von Attika gesetzt hatte. Ich herrschte über die Myrmidonen, das Ameisenvolk von Iolkos.

Lykomedes unterbrach mein Grübeln. „Du denkst an Thessalien“, sagte er.
Er wedelte mit seiner weißen, schlaffen Hand. „Mein lieber Peleus, ich bin nicht mit deinem kraftvollen Enthusiasmus gesegnet. Während ich nur langsam vor mich hinglimme, brennst du hell und klar. Doch ich bin ganz zufrieden damit. Wärst du an meiner Stelle, du hättest nicht geruht, bis du sämtliche Inseln zwischen Kreta und Samothraki besessen hättest.“
Seufzend lehnte ich mich gegen einen Nussbaum. „Und dennoch bin ich sehr müde, alter Freund. Ich bin nicht mehr so jung wie einst.“
„Eine so offensichtlich Tatsache, dass man sie nicht zu erwähnen braucht.“ Seine blassen Augen betrachten mich nachdenklich. „Weißt Du eigentlich, Peleus, dass du den Ruf hast, Griechenlands bester Mann zu sein? Selbst in Mykene achtet man dich.“
Ich streckte mich und ging weiter. „Ich bin nicht besser oder schlechter als alle anderen.“

„Streite es ab, wenn du musst, aber es stimmt gleichwohl. Du hast alles Peleus! Einen gesunden Körper, einen klugen und scharfsinnigen Verstand, eine Begabung zu führen, du bringst Untertanen dazu, dich zu lieben – ja, du hast sogar ein gutes Aussehen!“
„Fahr nur fort, mir so zu schmeicheln, Lykomedes, und ich werde meine Sachen packen und heimfahren.“
„Sei still, ich bin schon fertig. Ich möchte übrigens etwas anderes mit dir bereden. Mein Lobgesang war die Einleitung.“
Ich sah in verblüfft an. „Oh“.
Er leckte sich die Lippen, runzelte die Stirn, und dann beschloss er, ohne weiter Umschweife zur Sache zu kommen. „Peleus, du bist jetzt dreiunddreißig Jahre alt. Du bist einer der vier vornehmsten Könige Griechenlands und hast dadurch beträchtliche Macht.
Aber du hast keine Frau. Keine Königin. Und äh – da du ja der Neuen Religion anhängst und dich dadurch zur Monogamie bekannt hast, wie willst Du in Thessalien die Thronfolge sicherstellen ohne eine Frau?“
Ich musste grinsen. „Lykomedes, du Schurke! Du hast eine Frau für mich ausgewählt.“
Er sah verschmitzt drein. „Könnte sein. Es sein denn, du hast andere Pläne.“
„Ich denke oft an Heirat. Leider sagt mir nur keine der Kandidatinnen besonders zu.“
„Ich kenne eine Frau, die dir sehr gefallen könnte. Sie wäre sicher eine vortreffliche Gefährtin.“
„Sprich weiter, ich bin ganz Ohr.“

„Und voller Ironie. Aber ich fahre trotzdem fort. Die Frau ist Poseidons Hohepriesterin in Skyros. Ihr G*tt hat ihr befohlen zu heiraten, aber bis jetzt hat sie es noch nicht getan. Ich kann eine so hochstehende Würdenträgerin nicht zwingen zu gehorchen, aber um das Wohl meines Volkes und meiner Insel willen muss ich sie überreden, sich zu verehelichen.“
Bei diesen Worten starrte ich ihn erstaunt an. „Lykomedes! Ich soll Mittel zum Zweck sein!“
„Nein, nein“, rief er mit zerknirschter Miene. „Hör mir zu, Peleus.“
„Poseidon hat ihr befohlen zu heiraten?“
„Ja, die Orakel haben verkündet, wenn sie nicht heiratet, wird der Herr der Meere die Erde von Skyros aufbrechen und meine Insel zu sich in die Tiefe ziehen.“
„Orakel in der Mehrzahl. Du hast also mehrere befragt?“
„Sogar die Pythia in Delphi und deinen Eichenhain in Dodona.
Die Antwort war immer die gleiche – verheirate sie oder verdirb.“
„Warum ist sie so wichtig?", fragte ich fasziniert.

Ehrfurcht erschien auf Peleus Gesicht. „Weil sie die Tochter von Nereus ist, des Alten Mannes der Meere. Dadurch ist sie eine Halbgöttin - und in einem Gewissenskonflikt. Nach ihrer Herkunft gehört sie zur Alten Religion, doch sie dient der Neuen. Du weißt, wie sehr sich unser Griechenland seit dem Niedergang von Kreta und Thera verändert hat, Peleus! Nimm nur Skyros! Das Matriarchat hat bei uns nie eine solche Rolle gespielt wie in Kreta oder Thera oder in den Königreichen auf der Insel Pelops. Bei uns haben immer Männer regiert – aber die Alter Religion ist stark. Poseidon jedoch gehört zum Neuen Glauben, und wir sind ihm untertan – er ist nicht nur Herr der Meere, die uns umgeben, er ist auch der Beweger der Erde.“
„Ich verstehe“, sagte ich langsam, „dass Poseidon zornig darüber ist, dass ein Frau der Alten Religion seine Hohepriesterin ist. Aber er muss ihrer Ernennung doch zugestimmt haben.“
„Das hat er auch. Aber mittlerweile ist er wütend - du weißt, wie die Götter sind, Peleus.
Wann sind sie schon jemals konsequent? Trotz seiner früheren Zustimmung ist er jetzt jedenfalls empört und hat erklärt, er wolle nicht, dass eine Tochter von Nereus seinen Altar betreue.“

„Lykomedes, Lykomedes! Glaubst Du wirklich diese Göttergeschichten?, fragte ich ungläubig. „Ich hätte dich für klüger gehalten! Ein Mann oder eine Frau, die behaupten, einen G*tt als Elternteil zu haben, wurde gewöhnlich als Bastard geboren – und meist, weil ein Hütejunge daran nicht ganz unbeteiligt war.“
Er flatterte mit den Armen wie ein aufgeregtes Huhn. „Ja, ja , ja. Das weiß ich alles, Peleus, und dennoch glaube ich. Du hast sie nicht gesehen, du kennst sie nicht. Aber ich. Sie ist das merkwürdigste Wesen…!
Ein Blick, und du bist felsenfest davon überzeugt, dass sie aus dem Meer kommt.“
Jetzt war ich aufgebracht. „Ich traue meinen Ohren nicht! Vielen Dank für das Kompliment! Du willst dem König von Thessalien irgendeine verrückte Frau aufhalsen? Nun, ich will sie nicht haben!“
Mit beiden Händen ergriff er meinen Arm. „Peleus, traust du mir wirklich einen solchen Trick zu? Ich habe mich ungeschickt ausgedrückt - ich wollte dich nicht beleidigen, ich schwöre es. Es ist nur so: Kaum hatte ich dich nach so vielen Jahren wieder gesehen, war ich mir plötzlich völlig sicher, dass sie die Frau für dich ist. Es fehlt ihr nicht an edlen Freiern, jeder hochgeborene Junggeselle auf Skyros hat ihr schon einen Antrag gemacht. Aber sie hat sie alle verschmäht. Sie sagt, sie warte auf den, der mit dem von ihrem G*tt versprochene Zeichen kommt.“
Ich seufzte. „Schön, Lykomedes, ich werde sie mir ansehen. Aber ich verpflichte mich zu nichts, verstanden?“
Im A & O das Geheimnis liegt - Omega siegt!
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[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 21.11.12007, 00:20
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 21.11.12007, 00:28
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 22.11.12007, 00:42
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 23.11.12007, 21:47
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 25.11.12007, 00:56
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 02.12.12007, 14:12
[Kein Betreff] - von Hernes_Son - 04.12.12007, 21:28
Re: Das Lied von Troja - von Vendetta - 30.12.12008, 21:36

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