Tal der weisen Narren

Normale Version: Die Schleier-Sage von Klosterneuburg
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Paganlord bat mich darum, diesen Auszug aus unseren persönlichen Nachrichten mit allen Freunden im Tale zu teilen. Er wird das zur entsprechenden Zeit kommentieren. Eure eigenen Interpretationen zur Sage & Entstehungsgschichte/Hintergründe sind gerne willkommen!

Nino schrieb:Mal eine etwas andere Sache. Ich habe über "Heimat" und "Heimatgefühle" nachgedacht. Vor allem in letzter Zeit beschäftigte mich die Entstehungslegende meines Heimatortes Klosterneuburg, die ich zwar als Kind gelernt hatte, aber gewisse Details (was gleich relevant wird) davon nicht mehr wusste. [...] Allerdings ist dieser Ort gewissermaßen belastet ...

Mit dem "Stift Klosterneuburg" sitzt eine der mächtigsten österreichisch-innerkirchlichen Institutionen quasi direkt vor der Haustür, die ganze Stadt ist danach benannt. -> Es gehört den Augustiner-Chorherren, das Stift ist einer der wenn nicht der größte Großgrundbesitzer Österreichs bzw. der Region Mitteleuropa (Südtirol, Tschechien, Österreich, ...) usw.

Ich wollte in diesem Sinne versuchen, die Lage mal aus unserem Blickwinkel zu interpretieren.


Nun zur Sage/Legende:
Als Markgraf Leopold und seine Gemahlin im Schloß auf dem Kahlenberg sich an einem offenen Fenster besprachen und in ch****lichem Eifer verlangten, der Himmel möge ihnen den tauglichsten und g**tgefälligsten Ort zur Gründung einer Kirche und eines Klosters durch ein Zeichen weisen, siehe, da ist urplötzlich bei schönem, stillem und heiterem Himmel aus g**tlicher Anordnung der Hauptschleier der tugendsamen Gemahlin Agnes durch einen unverhofften Windstoß erfaßt und in den nahe an der Donau liegenden finsteren Wald getragen worden - vor beider Augen und im ersten Jahr ihrer Vermählung Anno 1106.

Dieser Schleier, der noch bis auf den heutigen Tag zu Klosterneuburg als ein Los- oder Kennzeichen des gestifteten G**t*shauses gebührendermaßen unter anderen Reliquien aufbehalten und gezeigt wird, ist in Wind, Regen und Schnee, vor Menschen und unvernünftigen Tieren sicher, unverletzt und unversehrt im Wald hängengeblieben und endlich im neunten Jahr vom heiligen Markgrafen Leopold, als er in dieser Gegend des Waldes jagte, unter Gesträuch und Hecken auf einem Hollerbaum (dessen Stamm auch noch vorhanden ist) ausgebreitet durch die bellenden Jagdhunde gefunden worden. Weil nun Leopold der Heilige durch das Auffinden des Schleiers erkannte, daß ihm dieser Ort für die Erbauung des von ihm vorgesehenen G**t*shauses von G**t auf wunderbare Weise gezeigt wurde, hat er alsbald den Schleier (welcher so viele Jahre unversehrt auf der Hollerstaude hängengeblieben war) voll Freude seiner Gemahlin nach Hause gebracht, die wundersame Auffindung mit allen Umständen erklärt, worauf sie höchst erfreut war und Leopold ungefähr mit den Worten angeredet haben soll:

Geliebter Ehegemahl, dies ist der Ort, von welchem G**t will, daß er ihm geweiht werde.

Leopold ließ deshalb den Wald ohne Verzug aushauen, Stock und Stauden ausrotten, den Ort zubereiten, den Platz abräumen und alle möglichen Anstalten für den Bau treffen.


Die Rede vom Hollerbaum ("Frau Holle"), Symbol der Göttin, meint wohl, dass diese einst heilige Stätte und die Natur ansich im Auftrag der Kirche entehrt und zerstört werden musste. Der Größe und (geplanten) Wichtigkeit (das Stift war zunächst im Mittelalter als Bischofssitz und später sogar als Herrschersitz Österreichs im Gespräch, letztlich wurde es Schönbrunn) des Stifts nach zu schließen, könnte ich mir vorstellen, dass es vormals ein interessanter/bedeutender? heidnischer Ort war. -> Kahlenberg - Bisamberg sind praktisch der östliche Endpunkt der Alpen. Die Bisamberg liegt dabei auf der anderen Seite der Donau, Kahlenberg und Bisamberg stehen sich gegenüber, dazwischen verläuft die Donau, das Stift direkt daneben am Fuße des Buchberges (von letzterem betrachtet liegt das Stift genau in der Achse zwischen -> Buchberg - Donau - Bisamberg). Im Sagen-Text ist die Rede vom Schloss Kahlenberg (heute eine Kapelle/Kirche), das auf eben jenem Berg über dem Wiener Becken thront. - Naja, die kleine Geografieerläuterung ist natürlich recht spekulativ/fantasievoll (kam mir aber irgendwie), der Punkt mit dem Hollerbaum ist in der Form wohl korrekt? Dieses Vorgehen mit heidnischen Plätzen war und ist schließlich gängige Methode.


In Wirklichkeit aber stellte Klosterneuburg zu Beginn des 12. Jahrhunderts keinen unberührten Urwald mehr dar. Denn der Stiftshügel war bereits seit urgeschichtlicher Zeit besiedelt und im 1. Jahrhundert n. Chr. von den Römern zu einem Kastell (vermutlich namens Arrianis) ausgebaut worden, um den Limes Pannonicus zu schützen. Auf den Ruinen dieses Lagers entstand wohl schon im 11. Jahrhundert eine kleinere Siedlung, die Leopold III. schließlich als seine Residenz und 1114 für die Gründung eines Säkularkanonikerstiftes erwählte

Die frühesten Spuren menschlicher Ansiedlung in Klosterneuburg reichen bis in das Neolithikum zurück.

Das sagt Wikipedia zur "tatsächlichen" Entstehungsgeschichte. Neolithikum/Jungsteinzeit setzt laut profaner Wissenschaft etwa vor 12.000 Jahren ein, also quasi direkt im Anschluss an ein bestimmtes Ereignis.


Seit dem 20. Jahrhundert steht hier der siebenarmige Leuchter, der um 1135 entstand und somit das älteste erhaltene Ausstattungsstück der Stiftskirche darstellt. Ursprünglich stand er im Presbyterium der romanischen Stiftskirche, und erst bei der Barockisierung der Kirche wurde er von dort entfernt. Er wurde vermutlich in Verona in Bronze gegossen und vom markgräflichen Paar dem Stift vermacht. In den Quellen wird der Leuchter wegen seiner baumartigen Form als „Sambucus“ (Holunderbaum) bezeichnet – man nahm an, dass im Inneren des Leuchters Reste jenes Holunderbaumes eingearbeitet waren, auf dem der sagenhafte Schleier der Agnes gefunden wurde. Tatsächlich aber hat das Aussehen des Leuchters theologische Hintergründe. Die Form der jüdischen Menorah ist hier gezielt im ch***tlichen Sinne zur „Wurzel Jesse“ (dem Stammbaum Ch***i) umgedeutet worden, wobei die sieben Arme die sieben Gaben des Heiligen Geistes symbolisieren.

*vom Verfasser umgeschrieben* - der siebenarmige Leuchter in seiner ursprünglichen Symbolik und Funktion ist hier bestimmt den Allermeisten bekannt, mir nun auch mehr.
Interessant ist auch:

AAORRAC (Abzweigung vom AMORC). Die sitzen dort praktischerweise mit einer Zweigstelle gleich um die Ecke.