28.08.12016, 23:10
Die Geschichte vom Machandelboom ist die plattdeutsche Version von Schneewittchen:
Das ist nun lange her, wohl an die zweitausend Jahre, da war einmal ein reicher Mann, der hatte eine schöne Frau, und sie hatten sich beide sehr lieb, hatten aber keine Kinder. Sie wünschten sich aber sehr welche, aber sie kriegten und kriegten keine. Vor ihrem Hause war ein Hof, darauf stand ein Machandelbaum. Unter dem stand die Frau einstmals im Winter und schälte sich einen Apfel, und als sie sich den Apfel so schälte, da schnitt sie sich in den Finger, und das Blut fiel in den Schnee. "Ach," sagte die Frau und seufzte so recht tief auf, und sah das Blut vor sich an, und war so recht wehmütig: "Hätte ich doch ein Kind, so rot wie Blut und so weiss wie Schnee." Und als sie das sagte, da wurde ihr so recht fröhlich zumute: Ihr war so recht, als sollte es etwas werden.
Das heiße, rote Blut und der kalte, weiße Schnee stellen die gegensätzlichen Kräfte dar, die notwendig sind, damit etwas Neues entstehen kann.
Hier fühlt man sich sogleich an das glühend heiße Muspelheim und das eisig kalte Nifflheim erinnert, zwischen denen in der Kluft der Klüfte, Ginnunga Gap, im Dampf, im Zischen und Brodeln die Urriesen geformt werden.
Warum aber geschieht die Symbiose aus Blut und Schnee ausgerechnet unter einem Wacholder, dem Machandelboom? Das Holz dieses Baumes war in Phasen der Feuerbestattung das bevorzugte Material für die Totenverbrennung.
In Bayern wird der Wacholder auch Kranewitt genannt. Krano=Kranich, witu=Holz. Der Kranich gilt als Bote der Muttergöttin.
Die archaischen Elemente der Geschichte sind noch viel älter als dieses Märchen. Es wurde von einem Jungen erzählt, der zerstückelt und verzehrt wird; die weinende Schwester sammelt seine Knochen und legt sie unter den Wacholder. Der Busch beginnt zu brennen, und ein Kiebitz steigt aus dem Rauch.
Wahrscheinlich haben wir es hier mit der Beschreibung einer Transformation zu tun.
Wie der Holunder gilt auch der Wacholder als Schwelle zur Anderswelt.
So legte die Mutter eines kränkelnden Kindes etwas Wolle und Brot unter den Wacholder und sprach:
Ihr Hollen und Hollinnen,
hier bringe ich euch etwas zu spinnen und zu essen,
und meines Kindes zu vergessen.
... wird fortgesetzt.
Das ist nun lange her, wohl an die zweitausend Jahre, da war einmal ein reicher Mann, der hatte eine schöne Frau, und sie hatten sich beide sehr lieb, hatten aber keine Kinder. Sie wünschten sich aber sehr welche, aber sie kriegten und kriegten keine. Vor ihrem Hause war ein Hof, darauf stand ein Machandelbaum. Unter dem stand die Frau einstmals im Winter und schälte sich einen Apfel, und als sie sich den Apfel so schälte, da schnitt sie sich in den Finger, und das Blut fiel in den Schnee. "Ach," sagte die Frau und seufzte so recht tief auf, und sah das Blut vor sich an, und war so recht wehmütig: "Hätte ich doch ein Kind, so rot wie Blut und so weiss wie Schnee." Und als sie das sagte, da wurde ihr so recht fröhlich zumute: Ihr war so recht, als sollte es etwas werden.
Das heiße, rote Blut und der kalte, weiße Schnee stellen die gegensätzlichen Kräfte dar, die notwendig sind, damit etwas Neues entstehen kann.
Hier fühlt man sich sogleich an das glühend heiße Muspelheim und das eisig kalte Nifflheim erinnert, zwischen denen in der Kluft der Klüfte, Ginnunga Gap, im Dampf, im Zischen und Brodeln die Urriesen geformt werden.
Warum aber geschieht die Symbiose aus Blut und Schnee ausgerechnet unter einem Wacholder, dem Machandelboom? Das Holz dieses Baumes war in Phasen der Feuerbestattung das bevorzugte Material für die Totenverbrennung.
In Bayern wird der Wacholder auch Kranewitt genannt. Krano=Kranich, witu=Holz. Der Kranich gilt als Bote der Muttergöttin.
Die archaischen Elemente der Geschichte sind noch viel älter als dieses Märchen. Es wurde von einem Jungen erzählt, der zerstückelt und verzehrt wird; die weinende Schwester sammelt seine Knochen und legt sie unter den Wacholder. Der Busch beginnt zu brennen, und ein Kiebitz steigt aus dem Rauch.
Wahrscheinlich haben wir es hier mit der Beschreibung einer Transformation zu tun.
Wie der Holunder gilt auch der Wacholder als Schwelle zur Anderswelt.
So legte die Mutter eines kränkelnden Kindes etwas Wolle und Brot unter den Wacholder und sprach:
Ihr Hollen und Hollinnen,
hier bringe ich euch etwas zu spinnen und zu essen,
und meines Kindes zu vergessen.
... wird fortgesetzt.