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Die letzten Gedanken ... Ptolemaios
#1
Im dritten und letzten Buch des Bandes von Valerio Manfredi 'Alexander - Der Herrscher der Welt', steht am Ende ein Epilog ...

„Dein Leichnam war noch warm, Alexander, als wir bereits anfingen, uns über dein Erbe zu streiten. Später haben wir uns jahrelang deswegen bekämpft. Du warst von uns gegangen und mit dir der Traum, der uns vereint hatte. Leptine wollte dir folgen – wir fanden sie mit durchschnittenen Pulsadern am Fußende deines Bettes. Die Königsmutter Sisygambis verhüllte ihr Gesicht mit einem schwarzen Schleier und beschloß, langsam zu verhungern. Roxane entschied sich dafür weiterzuleben, aber nur, damit dein Sohn leben konnte.

Perdikkas verwirklichte seinen Wunsch – den, Kleopatra zu heiraten, doch er starb als erster bei dem Versuch, dein Reich zusammenzuhalten. Er fiel im Kampf gegen meine Truppen.

Das seltsame daran ist, daß wir eigentlich keinen Haß füreinander empfanden – obwohl wir uns erbittert bekämpften und ständig neue Bündnisse schlossen und auflösten; in gewissem Sinne sind wir sogar Freunde geblieben. Etliche Jahre nach deinem Tod haben wir uns einmal in Babylon versammelt, um zu einer Einigung zu kommen, aber die Versammlung artete sofort in einen wüsten Streit aus. Da kam plötzlich Eumenes aus Kardia herein, warf deinen Mantel und dein Zepter auf den leeren Thron, und plötzlich wurde alles still und starrte nachdenklich vor sich hin. Es war wie ein Wunder, du warst auf einmal wieder unter uns, wenn auch nur einen kurzen Moment lang.

Wir waren deiner nicht würdig, Alexander, und doch haben wir versucht, dich in allem nachzuahmen. Wir haben uns sogar porträtieren lassen wie du, in derselben Haltung, mit leicht nach rechts geneigtem Kopf und zurückgekämmtem Haar – auch als wir kaum noch Haare hatten. Doch alles nur, um deinen Ruhm auszunutzen. In Wahrheit hatten wir nicht einmal den Mut, deine Familie am Leben zu lassen. Sie ist gnadenlos ausgerottet worden, und dazu genügte eine kleine Fußnote im Vertrag, mit dem wir das Land unter uns aufgeteilt haben: „Sollte dem Kind etwas zustoßen, so geht Makedonien an ...! Im Klartext: ein Todesurteil. Deine Frau, deine Mutter, dein Sohn, alle tot – wie entsetzlich ... Die Machtgier hat unsere Herzen versteinert und uns zu Ungeheuern gemacht.

Bis auf Seleukos verstießen alle die persischen Ehefrauen, die du uns gegeben hattest; nur er liebte seine Apama hingebungsvoll und widmete ihr wundervolle Städte.

Tja, Seleukos ... eine Zeitlang war er der neue Alexander, und fast wäre es ihm gelungen, dein Reich wieder auferstehen zu lassen. Jetzt ist er alt wie ich und hat einige Wehwehchen. Wir haben uns mehrmals bekriegt, oder besser, unsere Truppen sind an der Grenze zu Koilesyrien aufeinandergestoßen, da diese Grenze in keinem unserer unzähligen Verträge genau festgelegt wurde, aber im Grunde hatten wir immer eine gute Beziehung, wie alte Freunde.

Ich weiß nicht, wie es ihm im Moment geht, aber ich vermute, auch er ist dem Ende nahe. Was mich betrifft, so habe ich bereits vor zwei Jahren Zepter und Reich an meinen Sohn, Ptolemaios II., abgetreten, um diese „Geschichte“ niederschreiben zu können. Das einzige, was ich mir – außer meinem rechtzeitigen und freiwilligen Machtverzicht – zugute halten kann, ist der Umstand, dich hierher, in dein Alexandreia, zurückgeholt zu haben, denn es ist der einzige Ort, der deiner wirklich würdig ist. Oh, könntest du Alexandreia nur sehen! Eine herrliche, blühende Stadt, genau wie du sie dir immer ausgemalt hast – weißt du noch?

Wir waren damals junge Burschen mit glühenden Seelen – Schwärmer, Träumer. Wenn wir in unseren glänzenden Rüstungen neben dir ritten, kamen wir uns vor wie Götter.

Nun, wo ich mit dem letzten Kapitel fertig bin und unsere „Geschichte“ ein letztes Mal durchgelesen habe, klingt sie mir etwas fremd, doch während ich schrieb, stand mir alles ganz deutlich vor Augen. Ich habe unsere Gespräche und Diskussionen gehört, die Witze, die wir gerissen haben, Leonnatos’ grobe Bemerkungen – weißt du noch? Natürlich werden meine Aufzeichnungen bearbeitet werden, irgendjemand wird einen guten Text daraus machen und dabei die Regeln befolgen, die unsere Lehrer in Pella in Mieza uns beigebracht haben. Doch ich behalte unsere Geschichte lieber so im Gedächtnis, wie ich sie beim Schreiben, Tag für Tag, Augenblick um Augenblick, noch einmal durchlebt habe.

Was getan werden mußte, ist getan, und als ich heute Morgen Thánatos’ eisigen Atem im Nacken spürte, bin ich hier heruntergestiegen, um zu vergessen, was nach deinem Ableben passiert ist, und friedlich neben dir einschlafen zu können, mein Freund.

Es wird langsam Zeit, daß die Alexanderschar wieder zusammenfindet, wie damals, an dem Tag, an dem wir dir am Ufer jenes vereisten illyrischen Sees durch dichtes Schneegestöber entgegengeritten sind. Auch wir, die wir so lange gelebt haben, sollten endlich die Augen schließen. Und wenn wir dann erwachen, sind wir alle wieder beisammen, jung und stark wie früher, und dann reiten wir an deiner Seite in ein neues Abenteuer – in unser letztes, großes Abenteuer.“  

Recherchiert und niedergeschrieben im Buch „Alexander – Der Herrscher der Welt“, von Valerio Manfredi. Ein zu empfehlender Buchband bestehend aus 3 Büchern.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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Es bedanken sich: Paganlord , Hernes_Son
#2
Diese Texte sind m.M. sehr ungewöhnlich.
Sie haben ein inneres Leben - und vermitteln eine erstaunlich authentische Präsenz.

Ich bin begeistert.
Erst wissen, dann denken. Erst denken, dann reden.
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Es bedanken sich: Hælvard
#3
Zitat:Bis auf Seleukos verstießen alle die persichen Ehefrauen, die du uns gegeben hattest; nur er liebte seine Apama hingebungsvoll und widmete ihr wundervolle Städte.

Seleukos war immer einer der Treusten. Er war Alexander loyal ergeben. Zusammen mit Perdikkas, Ptolemaios, Krateros, Nearchos und natürlich Hephaistion. Eine sehr schöne Geschichte. Mehr davon ...
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#4
Sein Schicksal war die immer größer werdende Einsamkeit und die Ungeduld mit jenen, die ihn nicht verstanden.

Ptolemaios über Alexander
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#5
Alexander der Große und die Römer ...

Er lebte in einer Zeit, als Rom noch in den Anfängen steckte. Während er große Teile der damals unbekannten Welt eroberte, stritten die Römer in einem Krieg mit den Samnitern um die Vorherrschaft in Süditalien.

Im antiken Rom wurde Alexander zu einem hochverehrten Helden. Besonders unter den römischen Kaisern, die sich bemühten, seinen Erfolgen und seiner Größe nachzueifern.
Der Schriftsteller Sueton berichtet von Caesars Ehrerbietung auf Alexanders Leistungen. Caesar selbst war am Grab von Alexander, um ihm seine Ehrerbietung zu erweisen, so wie einst Alexander am Grab von Achilles stand ...
Kaiser Caligula trug Alexanders Brustpanzer. Im 2. Jahrhundert n. d. Z. fühlte sich Kaiser Trajan durch Alexanders Triumphe dazu ermutigt, ebenfalls Vorstöße in Richtung Osten zu unternehmen. Doch sein fortgeschrittenes Alter bremste seine Ambitionen am Persischen Golf.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#6
Alexander wuchs in einem Königreich auf, das sich ununterbrochen im Kriegszustand befand, und er betrachtete es als seine Pflicht, bei den Kämpfen in vorderster Front zu stehen. Für ihn war Makedoniens Schicksal der Sieg im Krieg.
Von den Siegen seines Vaters sagte er, sie hätten sowohl ihm als auch der Gemeinschaft der Makedonen Ruhm gebracht. Sein eigenes Streben nach Ruhm war grenzenlos. Seinen Befehlshabern erklärte er am Hyphasis: "Ende der Mühen sind für den tüchtigen Mann nur die Mühen selbst, so viele von ihnen zu rühmlichen Taten Gelegenheit bieten." Dieselben Ansprüche stellte an seine Befehlshaber und seine Soldaten. Sie hatten, als sie ihm den Treue-Eid schworen, dazu verpflichtet, ihm zu folgen, loyal zu sein und die gleichen Freunde und Feinde zu haben wie ihr König. Wer im Kampf falle, so versicherte ihnen Alexander, dem sei ewiger Ruhm gewiß, und seine Begräbnisstätte werde berühmt sein.

Für die Absolventen der Pagenschule und Knaben, die für die Miliz in den Städten und danach im Zivildienst und beim Heer ausgebildet wurden, war das Leben von Konkurrenz geprägt.
Kein makedonisches Fest war ohne Wettkämpfe - von Schauspielern, Dichtern, Herolden und Musike, wie von Sportlern - und gelegentlich wurde auch mit Waffen gekämpft. Alexander war sein ganzes Leben lang außerordentlich ehrgeizig. Er war der erste, der den Bukephalos ritt, die heilige Schar der Thebaner angriff, eine Stadtmauer bestieg oder einen uneinnehmbaren Felsen erkletterte. Er war Initiator und oft auch Schiedsrichter von Wettkämpfen zwischen anderen. Er allein beförderte Soldaten und Offiziere, verteilte Geschenke für mutige Taten, verlieh erfolgreichen Kommandeuren goldene Kronen und entschied über die Reihenfolge in der militärischen Rangordnung bis hin zur Position der obersten Freunde und des führenden Leibgardisten. Wettkämpfen zwischen Truppenteilen oder Schiffsbesatzungen waren ein Teil der Ausbildung und des Trainings.
Alexander selbst glaubte, so schreibt Arrian, er müsse mit Philipp, Kyros dem Großen, Herakles und Dionysos wetteifern und sie allesamt übertreffen. Dazu bemerkt er, daß Alexander sich bei keinem der schon eroberten Länder beruhigt haben würde, auch nicht, wenn er Europa zu Asien hinzu erobert hätte, er habe, "wenn auch mit keinem anderen Gegner, so doch mit sich selbst im Wettstreit gelegen".

Anmerkung:
Die richtige Interpretation muß meiner Ansicht nach lauten, daß dem Wesen von Alexander der unbedingte Wille zu eigen war. Idealismus in unvorstellbarer Dimension.



Alexanders Ansicht nach war die Überlegenheit der griechischen Zivilisation absolut.

Anmerkung:
Das schreibt zumindest die heutige Geschichtsschreibung.
Ich denke, es steckte viel mehr dahinter, und es gab einen tieferen Sinn hinter dem Handeln Alexanders! Erkenntnisse, die Wissenschaftlern verborgen bleiben müssen, wenn sie eine zugrundeliegende Spiritualität nicht als wesentlichen Bestandteil der Geschichte betrachten.

Klar wird auch immer wieder die (Ver-)Ehrung der verschiedensten Götter und Göttinnen in der Historie angesprochen. Es werden Rituale und Opfergaben erwähnt, aber diesem Aspekt keine wirkliche Beachtung geschenkt!

Dabei erschließen sich wirkliche Erkenntnisse erst unter genau dieser Betrachtungsweise.
Ansonsten ist man nur in der Position, dem Geschriebenen zu glauben oder nicht zu glauben. Zu glauben aber heißt, nicht zu wissen!



Am meisten schätzte Alexander Homers Ilias, doch auch die Stücke der drei großen Tragödien-Dichter ließ er sich zusammen mit dithyrambischen Gedichten und der Geschichte des Philistos nach Asien schicken.
Aristoteles bewunderte er als führenden Vertreter des griechischen Geisteslebens, und er hatte eine natürliche Vorliebe für philosophische Diskussion und Betrachtungsweise. Sein Geist war bis zu einem gewissen Grad aristotelisch geformt, denn auch er verband eine weitreichende Neugier mit genauer Beobachtung und scharfsinnigem Denken. Seine Überzeugung betreffend der Gütigkeit der griechischen Sicht seiner Zeit wurde durch die Bekanntschaft mit ägyptischen, babylonischen und indischen Ideen nicht berührt.

Anmerkung:
Viele seiner Soldaten, und auch einige seiner engsten Vertrauten, waren irritiert, als Alexander damit begann Perser in die Armee aufzunehmen und selbst oft persische Kleidung zu gewissen Anlässen trug.
Sie verstanden nicht, daß es notwendig war, wollte man das Vertrauen der Perser gewinnen. Alexander setzte in vielen eroberten Regionen persische Satrapen ein, anstatt alles neu gewonnene Land mit Makedonen zu besetzen. Das hätte anhand der Größe seiner Armee auch gar nicht funktioniert. An wichtigen Punkten (z. B. Handelswegen oder strategisch wichtig gelegenen Städten) ließ er Garnisonen unter makedonischer Führung zurück.
Ihm wohlgesonnene Perser behandelte er stets respektvoll. Selbst die, die in einer Schlacht zuvor noch gegen ihn kämpften, sich dann aber ergaben ...
Feinden und Verrätern hingegen wurde der Prozeß gemacht!



Fortsetzung folgt ...
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#7
Valerio Manfredis Alexander-Trilogie ist eine wirklich erwähnenswerte Nacherzählung des Alexanderfeldzuges in Asien. Er schreibt zwar nicht so spektakulär wie Gisbert Haef, aber dafür kann man seinen Ausführungen und teilweise eigenen Interpretationen immer folgen, da er sich auf die wesentlichen Charaktere beschränkt und klar und strukturiert erzählen kann. Außerdem sind ihm ein paar Details in der geschichtlichen Nacherzählung aufgefallen, die so nicht stattgefunden haben konnten, die andere Autoren einfach übernommen haben. Das liegt wohl auch daran, daß Manfredi die Orte des Geschehens selbst besucht und vor Ort recherchiert hat und an der klugen Wahl seiner Quellen.

Zitat:Alexander war sein ganzes Leben lang außerordentlich ehrgeizig. Er war der erste, der den Bukephalos ritt, die heilige Schar der Thebaner angriff, eine Stadtmauer bestieg oder einen uneinnehmbaren Felsen erkletterte. Er war Initiator und oft auch Schiedsrichter von Wettkämpfen zwischen anderen. Er allein beförderte Soldaten und Offiziere, verteilte Geschenke für mutige Taten, verlieh erfolgreichen Kommandeuren goldene Kronen und entschied über die Reihenfolge in der militärischen Rangordnung bis hin zur Position der obersten Freunde und des führenden Leibgardisten. Wettkämpfen zwischen Truppenteilen oder Schiffsbesatzungen waren ein Teil der Ausbildung und des Trainings.

Alexander war eben auch hervorragend ausgebildet worden, und man konnte mit ihm in vielen Disziplinen kaum mithalten. Begriffe wie uneinnehmbar oder unbesiegbar? ... So etwas gab es in seinem Sprachschatz überhaupt nicht. Solche Geschichten weckten in ihm einen unstillbaren Ehrgeiz, und er hatte zu den richtigen Zeitpunkten auch immer die zur Lösung führenden notwendigen Ideen bzw. konnte durch genaue Beobachtung und Sondierung der Umgebung Dinge erkennen, die andere ignoriert oder übersehen hätten. Ich glaube, heutzutage sagt man dazu BHS. Wow
Im A & O das Geheimnis liegt - Omega siegt!
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Es bedanken sich: Paganlord
#8
Ein Zeichen der griechischen Zivilisation war die Vitalität der Stadt, sowohl in Europa als auch in Asien, und Alexander wußte, der beste Weg zur Verbreitung griechischer Kultur und Zivilisation bestehe darin, Städte zu gründen. Diese Städte wurden von Makedonen und griechischen Söldnern geprägt, die die demokratische Form der Selbstregierung praktizierten, an die sie gewöhnt waren. Gleichzeitig wurde in den von Alexander eingerichteten Schulen die künftige Führungsschicht im griechischen Geist und makedonischer Waffenkunst unterrichtet. Dieser Prozeß war schon vor Alexanders Tod fortgeschritten, wie einer Passage Plutarchs Moralia zu entnehmen ist: "Als Alexander Asien zivilisierte, war die Lektüre Homers verbreitet, und die Söhne (paides) der Perser, der Susaner und der Gedrosier rezitierten die Tragödien des Sophokles und des Euripedes. ... Durch Alexander kamen Baktrien und der Kaukasus hinzu, die Götter der Griechen zu verehren." In Ägypten ist ein Lehrbuch aus dem späten 3. Jahrhundert gefunden worden, das für den Unterricht des Griechischen als Fremdsprache bestimmt war und ausgewählte Texte aus Homer und den Tragödien-Dichtern enthält. Die Ausgrabungen in Ai Khanoum in Afghanistan haben aus dem späten 4. Jahrhundert griechische Tempel, ein Theater und ein Odeon (für musikalische Darbietungen) zu Tage gefördert.

Alexander war der Bannerträger der griechischen Zivilisation. Sein Einfluß auf die Bildung und damit die Zivilisation ist tiefgreifend gewesen und reicht bis unsere Zeit. Der Glaube an die Religion Makedoniens war in Alexanders Geist tief verwurzelt. Noch während der letzten Krankheit opferte er täglich für sich selbst und die Makedonen. Bei jeder Gelegenheit organisierte er glanzvolle Festspiele zu Ehren der Götter. Ebenso buchstäblich wie Pindar wußte er um die Anwesenheit der olympischen Götter in unserer Welt, an die Mühen von Heroen wie Herakles und die Heldentaten des Achilles, die beide seine Vorfahren waren. Den Menschen taten die Gottheiten ihre Wünsche oder Warnungen durch Naturerscheinungen sowie durch Zeichen und Orakel kund, die von inspirierten Männern und Frauen gedeutet und übermittelt wurden. Ein Vorzug des Polytheismus bestand darin, daß die Zahl der Götter nicht beschränkt war und Alexander im libyschen Amon und im babylonischen Belos den Zeus sowie im tyrischen Melkart oder im indischen Krishna den Herakles sehen konnte. Seine besondere Verehrung für Amon beruhte wahrscheinlich auf den Weissagungen, die er in Siwa empfangen hatte und die sich erfüllten, als er das Weltmeer erreichte. Immer wieder dankte er den "üblichen Göttern" (den 12 Olympiern) für seine eigene Rettung und die seiner Armee, und er wußte, daß er ihnen ein vor den Tod gefeites Leben verdanke. Selbst während der letzten Krankheit war er überzeugt, seine Gebete im Zuge der Opfer würden erhört werden ... Er starb, ohne Vorkehrungen getroffen zu haben, die die Übergabe der Macht regeln sollten.

Fortsetzung folgt ...


@ Hernes Son
Ich berufe mich hier auf Nicholas Hammond, nicht auf Manfredi.
Wobei ich Dir natürlich zustimmen muß. Die Triologie von Valerio Manfredi liest sich prima und ist sehr informativ, und der Inhalt ist bestens recherchiert!
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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Es bedanken sich: Paganlord
#9
Von Alexanders persönlichen Qualitäten sind die Brillanz, die Spannweite und Schnelligkeit seines Verstandes bemerkenswert, vor allem, was die Kriegsführung betraf. In Gaugamela und am Hydaspes sah er die Abfolge der Bewegungen seiner eigenen Einheiten und der Reaktionen seiner Feinde genau voraus. So bemerkt Ptolemaios, der selbst ein überaus fähiger Befehlshaber war, über den ersten Feldzug: "Es kam so, wie Alexander vorausgesehen hatte." Und nach dem letzten Feldzug schrieb er: "Nicht eine der kriegerischen Unternehmungen, die Alexander in Angriff nahm, überstieg seine Kräfte." Als Militärführer hat ihn niemand übertroffen. Nach Arrian war Alexander "in höchstem Grade befähigt, das Notwendige, das noch im Dunkel lag, zu erkennen". So war ihm von Anfang an klar, daß er für die Errichtung des Königreichs Asien die Mitarbeit seiner neuen Untertanen gewinnen mußte. Schon in Sardes begann er mit der Ausbildung von Knaben zu Soldaten dieses Königreiches. Die Orginalität seines Denkens trat zu Tage, als er Indus, Tigris und Euphrat als Wasserstraßen zu Handelszwecken entwickelte und die Bewässerung Mesopotamiens umgestaltete. Häufig zahlte sich die Kühnheit seiner Pläne aus, wie etwa bei der Öffnung des Seeweges zwischen Indusdelta und Persischem Golf.

Seine Gefühle waren äußerst stark. Die Liebe zu seiner Mutter war so groß, daß eine Träne von ihr alle Beschwerden des Antipatros aufhob. Ständig schickte er ihr Briefe und Geschenke, und nach seiner Rückkehr nach Makedonien wollte er sie als einzige ins Vertrauen ziehen. 

Anmerkung: Letzteres ist ein eindeutiger Hinweis auf die Spiritualität, denn Olympias war Hohepriesterin.


Die Loyalität gegenüber seinen Freunden trieb er manchmal zu weit, und seine Trauer um Hephaistion ging fast über ein vernünftiges Maß hinaus. 

Anmerkung: Definiert man Loyalität nicht nur als einen Bestandteil der Freundschaft, sondern auch und gerade als Lebensinhalt, den Alten Weg zu gehen, erklärt das die obige Einschätzung und ihren tatsächlichen Wert! 


Es liebte seine Soldaten, und sie liebten ihn; beim Abschied von Veteranen rollten manches mal Tränen. Und in seinen letzten Augenblicken bezeigten sie ihm ihre Zuneigung. Nachdem er Kleitos getötet hatte, empfand er tiefe Reue. Sein Mitleid mit der Thebanerin Timokleia und der Familie der Dareios sowie seine Liebe zu Roxane kamen von Herzen und führten zu Handlungen, die in der damaligen Kriegsführung wohl einzigartig waren.

Anmerkung: Definiert man Loyalität nicht nur als einen Bestandteil der Freundschaft, sondern auch und gerade als diese. 


Als König der Makedonen und König von Asien mußte er unterschiedliche Funktionen erfüllen. Auf Feldzügen und in der Freizeit verlief sein Leben wie das der Makedonen. Wie er in Opis erklärte, waren seine Rationen dieselben wie die ihren; er setzte sich denselben Gefahren aus wie sie, hatte Teil an ihren Mühen und genoß dieselben Festspiele und Trinkgelage wie sie. 

Anmerkung: Die erwähnten Trinkgelage fanden für Alexander nach dem Vorfall mit Kleitos ihr Ende. 
Zumindest muß das für den König eine logische Konsequenz gewesen sein!


Er führte nicht durch Machtworte, sondern durch Überzeugung. Entscheidend war in dieser Hinsicht, daß er ihnen immer die Wahrheit sagte und daß sie dies wußten. So respektierte er die verfassungsmäßigen Rechte der Makedonen, und sein Lohn dafür war, daß sie ihm im Allgemeinen seine politischen Zielsetzungen bestätigten. Im Kontrast dazu war er als König von Asien vom extravaganten Luxus des persischen Königs der Könige umgeben. Bei Audienzen, die in einem riesigen Pavillon stattfanden, der auf 50 goldenen Säulen ruhte, saß er auf einem goldenen Stuhl und war von so vielen prunkvoll gekleideten Wächtern umgeben, daß sich "niemand ihm zu nähern wagte, so groß war die Majestät, die sich mit seiner Person verband." Er nahm Huldigungen entgegen und regierte per Erlaß. Der Reichtum, der ihm zur Verfügung stand, war unglaublich, konnte er doch auf den Schatz der persischen Monarchie zurückgreifen. Darüber hinaus erhielt er die Tribute der Völker seines Riesenreichs. Nach griechischen Maßstäben waren seine Aufwendungen gewaltig – beispielsweise für die Denkmäler für Hephaistion – aber sie entsprachen seinem Rang als König von Asien. Doch seine Persönlichkeit war stark genug, um beide Rollen in seinem Denken und Verhalten trennen zu können, und Ptolemaios und Aristobulos hatten recht, wenn sie den König der Makedonen als den echten Alexander ansahen. 

Bei ihm verband sich die praktische Veranlagung mit einer visionären, spirituellen Dimension, die seinen religiösen Überzeugungen entstammte. Als Angehöriger des Hauses der Temeniden hatte er eine besondere Affinität zu seinen Vorfahren Herakles und Zeus, und er fühlte sich verpflichtet, in einer Weise zu herrschen, die ihrer würdig war, und der Menschheit Wohlstand brachte. Seine Visionen reichten weit über Makedonien und dem Korinthischen Bund hinaus. Als er nach der Landung auf asiatischen Boden erklärte; "ich nehme Asien von den Göttern entgegen", war es Ausdruck eines mystischen Glaubens daran, daß die Götter für ihn eine besondere Aufgabe ausersehen hatten. 

Aus dieser spirituellen Dimension seiner Persönlichkeit bezog er das Selbstvertrauen und die Willensstärke, mit denen er den Widerstand der Makedonen gegen sein Konzept des Königsreichs Asien überwand und die Asiaten von der Aufrichtigkeit seines Versprechens überzeugte, sie als Partner bei der Verwirklichung von Frieden und Wohlstand zu behandeln. Die Wirkung seiner Persönlichkeit muß überwältigend gewesen sein. Nur so ist es zu erklären, daß er die Loyalität persischer Befehlshaber und indischer Herrscher, die zuvor in der Schlacht unterlegen waren, gewann und asiatische Truppen ihm in seinem Heer treue Dienste leisteten. Sie inspirierte der Alexander-Roman, in dem asiatische Völker Alexander als ihren König annahmen und seine Taten in ihre Folklore einarbeiteten. 

Anmerkung: Noch heute erzählen im Zweistromland und über dessen Grenzen hinaus die alten Geschichten von Alexanders Feldzug und seinen Errungenschaften. Denn sein Handeln prägte den Verlauf der Geschichte ihrer Heimat ...


Über diese spirituelle Dimension Alexanders schrieb Plutarch, der wahrscheinlich auf Aristobulos zurückgriff: "Da er meinte, er sei als allgemeiner Statthalter und Versöhner der ganzen Welt von den Göttern gekommen, bezwang er die, welche er nicht mit Gründen zusammenführte, mit Waffengewalt, indem er alles einem einzigen Ziel unterordnete, und mischte, wie in einem der Freundschaft geweihten Mischkrug, die Leben und die Wohnorte und Heiraten und die Lebensweisen. Als Vaterland sollten alle, so gebot er, die bewohnte Erde (oikumene), als Schutzwehr und Obhut aber das Heerlager ansehen."
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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Es bedanken sich: Paganlord
#10
Zitat:Es wird langsam Zeit, daß die Alexanderschar wieder zusammenfindet, wie damals, an dem Tag, an dem wir dir am Ufer jenes vereisten illyrischen Sees durch dichtes Schneegestöber entgegengeritten sind. Auch wir, die wir so lange gelebt haben, sollten endlich die Augen schließen. Und wenn wir dann erwachen, sind wir alle wieder beisammen, jung und stark wie früher, und dann reiten wir an deiner Seite in ein neues Abenteuer – in unser letztes, großes Abenteuer.“

Sehr deutlich geht aus der Geschichte hervor, daß es einzig Alexanders Verdienst war, die Meute aus Generälen und Gefolge zusammenzuhalten. Die Gier nach Macht, der graue Einfluß, begann bereits an seinem Sterbebett ...

Unvorstellbares hätten die Diadochen erreichen können, wären sie einig zusammengeblieben, hätten sie die Verräter und Feinde ausfindig gemacht und zur Strecke gebracht.

Die Tatsache, daß es nach Alexanders Tod niemandem gelungen ist, die Errungenschaften zu wahren, die Menschen aufs Neue einzuschwören und Treue geloben zu lassen – den Traum weiterzuleben, zeigt auf, welche Präsenz, welche Magie von Alexander ausgegangen sein muß ...
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Es bedanken sich: Paganlord


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