Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Erst die Biene, dann der Mensch
#21
[Bild: imker_china_01.jpg]
Bienen und Menschen sind Freunde! Ein Bienenfreund und Imker aus China beim Waben entnehmen.

Der gute Imker entnimmt niemals allen Honig und läßt ab einer bestimmten Jahreszeit den Honig für die Bienen als Wintervorrat in Ruhe.

Wenn der Imker dem Stock Waben entnimmt, greift er natürlich massiv ins Leben des Volkes ein. Aber Bio-Imker-Binder sagt z. B., dass er damit eine natürliche Reaktion provoziert: „Der Wabenbau ist eine wichtige Lebensäußerung der Bienen.“ Fressen sie viel Nektar, regt das die Produktion in ihren Wachsdrüsen an und sie bauen neue Waben als Vorratskammern.

Nach der Ernte hängt der Imker leere Holzrähmchen in den Bienenkasten. Darin sind dünne Drähte gespannt, die den Bienen als Gerüst für den Bau neuer Waben dienen. Manche konventionellen Imker setzen Kunststoffwände mit vorgeprägter Wabenstruktur in den Bienenstock. Jürgen Binder sucht eine Weile nach dem richtigen Wort: „Da sperre ich die Biene ja ins Gefängnis“, sagt er und seine rechte Hand fuchtelt aufgeregt durch die Luft, „das ist verbrecherisch.“ Der Bioimker darf keine Kunststoffwaben verwenden, und mindestens zehn Prozent des Honigs muss er den Bienen als Vorrat für den Winter lassen.

In einem geschlossenen Raum schneidet Binder mit einem Messer die Wachsdeckel von den Waben, in denen der flüssige Honig goldgelb schimmert. Von seinen runden Wangen strahlt das Glück, als er die geöffneten Waben behutsam in die Schleuder setzt. In diesem Edelstahlbottich fließt der Honig dank der Zentrifugalkraft aus den Waben, zwanzig Minuten dauert das bei den gängigen Sorten. Das auf vielen Etiketten verwendete Wort „kaltgeschleudert“ ist allerdings irreführend: Kein Imker erhitzt sein Produkt beim Schleudern. Unterschiedliche Temperaturen spielen dagegen beim Filtern und Abfüllen eine Rolle: Biohonig darf höchstens auf 40 Grad erhitzt werden, konventioneller bis auf 82 Grad.

Nebenan dampft es aus einer Edelstahlwanne. Hier schmilzt Binder die Waben ein. Bioimker dürfen Waben aus dem Brutraum nur einmal verwenden, weil sich im Wachs die Pestizid-Rückstände sammeln, die ab einer gewissen Konzentration an den Honig abgegeben werden. Denn Bienen lassen sich nicht vorschreiben, gespritzte Felder zu meiden. Das flüssige Wachs tropft gelb in einen Eimer, 200 Kilo verkauft Binder jedes Jahr an die Kosmetikindustrie. Das Bienenwachs enthält viel Vitamin A sowie Propolis und wird später im Bioladen erhältlich sein – in Form von Hautcreme.

Im Herbst und Winter füttern viele Imker die Bienen mit Zuckerwasser, doch Jürgen Binder hat eine verblüffend einfache Alternative gefunden: Er mietet einen Lastwagen und fährt seine Bienenkästen nach Süditalien. Dort finden sie auch in der kalten Jahreszeit genügend blühende Pflanzen. In Kalabrien stellt er sie in den Eukalyptus, in der Basilicata liefert ihm der Erdbeerbaum die teuerste Honig-Rarität. Seine italienischen Honige vermarktet Binder jedoch nicht als Bioland-Honig, weil der aus Deutschland stammen muss.

Auf dem Rückweg aus Italien genießt der Imker die Freiheit, die seine Bienen ihm lassen. In Südfrankreich besucht er ein Musikfestival, zu dem sich Pianisten von Rang angesagt haben. Aber auch dort lässt der Honig ihn nicht los. In der Provence sucht Binder nach geeigneten Standorten fürs nächste Jahr. Er will den kostbaren weißen Lavendelhonig ernten, den nur wenige Franzosen hinbekommen. Der ist weit mehr als ein Brotaufstrich: Dank seiner ätherischen Öle dient er auch als Heilmittel gegen Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen.

Eine Biene krabbelt über Binders Hand. „Komm, Mädle“, sagt er verträumt. Er zeigt den Rüssel, mit dem sie den zuckerhaltigen Nektar aus der Blüte saugt. An den behaarten Beinen bleiben die eiweißreichen Pollen hängen, die in der Wabe als Vorrat eingelagert werden. „Bienen sind ungezähmte Wildtiere, die ihren Instinkten folgen“, doziert der Imker. Im Mai fliegen sie oft nur 200 Meter weit, wenn sie in einem gelben Rapsfeld ein Überangebot an Nahrung finden. „Aber im Hochsommer, wenn kaum noch etwas blüht, beträgt ihr Radius bis zu 15 Kilometer. Dann fliegen sie bis nach Tübingen.“

Doch die Mobilität ihrer Tiere bereitet den Imkern auch Probleme: Woher sollen sie wissen, dass im Umkreis von 15 Kilometern kein Feld mit genmanipulierten Pflanzen liegt? Bringt die Biene deren Pollen mit, ist der Biohonig verunreinigt. „Dann sind wir für unsere Kunden nicht mehr glaubwürdig.“ Binder führt ein aktuelles Beispiel an: „Kanadischer Kleehonig wird nicht mehr importiert, weil dort in großem Stil genmanipulierter Raps angebaut wird. Der Rapspollen findet sich auch im Kleehonig.“

Für ökologisch erzeugten Honig zahlt der Verbraucher einen höheren Preis und erwartet dafür höchste Reinheit. Ein gesetzlicher Grenzwert ist im Gespräch, aber auch mit ihm hätten die Imker ein Problem: Sie müssen beweisen, dass ihr Honig ihn nicht überschreitet. Der Deutsche Berufsimkerbund warnt davor, dass die hohen Kosten der Analysen die Imkerei unrentabel machen würden. „Die Zahl der Bienenvölker in Deutschland würde massiv abnehmen und die Bienen als wichtige Blütenbestäuber ausfallen. Das hätte für Wildblumenbestände und Obstbau katastrophale Folgen.“
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
Zitieren
Es bedanken sich: Alexis


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von Violetta - 21.07.12006, 21:45
Lady of the Bees - von Aglaia - 19.12.12017, 13:47
RE: Erst die Biene, dann der Mensch - von Novalis - 29.06.12019, 12:31
RE: Erst die Biene, dann der Mensch - von Novalis - 17.07.12019, 14:49
[Kein Betreff] - von Hælvard - 21.07.12006, 22:30
[Kein Betreff] - von Anubis - 21.07.12006, 22:33
[Kein Betreff] - von Gast_Tae - 21.07.12006, 23:37
[Kein Betreff] - von salvius - 22.07.12006, 00:00
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 24.07.12006, 20:10
[Kein Betreff] - von Saxorior - 28.07.12006, 12:10
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 28.07.12006, 14:49
[Kein Betreff] - von meik8 - 03.10.12006, 20:53
[Kein Betreff] - von Violetta - 04.10.12006, 05:51
[Kein Betreff] - von Saxorior - 04.10.12006, 21:07
[Kein Betreff] - von celestine - 05.10.12006, 09:50
[Kein Betreff] - von KATANA - 05.10.12006, 19:52
[Kein Betreff] - von Violetta - 09.07.12007, 13:58
[Kein Betreff] - von A. Kern - 10.07.12007, 09:52
[Kein Betreff] - von Imker - 10.07.12007, 15:04
[Kein Betreff] - von KATANA - 10.07.12007, 23:47
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 11.07.12007, 14:43
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 15.07.12007, 17:07
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 16.07.12007, 21:18
[Kein Betreff] - von Paganlord - 16.08.12007, 15:25
RE: Erst die Biene, dann der Mensch - von Andrea - 05.07.12018, 07:41
[Kein Betreff] - von nguyen - 16.08.12007, 17:33
Re: Erst die Biene, dann der Mensch - von Aglaia - 26.04.12008, 17:15
Re: Erst die Biene, dann der Mensch - von anicca - 28.04.12008, 14:45

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Termine

Nächster Vollmond ist in 4 Tagen und 14 Stunden am 24.04.12024, 01:50
Nächster Neumond ist in 18 Tagen und 18 Stunden am 08.05.12024, 05:23
Letzter Neumond war vor 10 Tagen und 14 Stunden