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Schwertpflege
#5
Es gibt wohl kaum ein "Ding" aus unserer Vergangenheit, um welches sich derart viele Legenden und Sagen ranken, wie um das Schwert. Seine "sagenhaften" Eigenschaften werden in Heldenepen besungen. Wer ein besonders gutes Schwert sein Eigen nennen darf, wird meist zum Helden und verdankt vor allem seinem Schwert Ruhm und Ehre.

Nach mehrtausendjähriger Tradition und Pflege diverser "Schwertkulte" ist es eignetlich wenig verwunderlich, daß uns diese "primitive" Waffe unserer Vorfahren auch heute noch in Ihren Bann zieht.

Tatsächlich entziehen sich aber die genauen Herstellungsmethoden und die damit verbundenen, seit jeher wie ein Schatz gehüteten Geheimnisse um das Mysterium der Herstellung noch heute weitestgehend unserer Kenntnis. Gerade darin sehen heutige Schwertschmiedereien ihre große Herausforderung...

Es ist nach Meinung traditioneller Schwertschmiede nur wenig sinnvoll, dabei alle in den Sagen besungenen Eigenschaften berühmt gewordener Schwerter unbesehen ins Reich der Legenden zu verweisen. Vielmehr ist es die Aufgabe des traditionellen Schwertschmiedehandwerkes, den Hinweisen in diesen Überlieferungen nachzugehen und sie soweit als möglich in wissenschaftlichem Sinne zu ergründen.

Ein moderner Pionier auf diesem Gebiet ist Dr. Stefan Mäder, der einige Frühmittelalterliche Saxe und Schwerter (Spathae) im Rahmen seiner Doktorarbeit metallographisch untersucht hat und zu erstaunlichen Erkenntnissen gelangen konnte. Das dabei die schmiede- und kampftechnischen Details im Vordergrund stehen, ist selbstverständlich. Denn vor einigen hundert Jahren war auch das Wissen um die Herstellung und Handhabung guter Schwerter ein gutgehütetes Geheimnis.

Das traditionelle Schwertschmiedehandwerk versucht heute, von den "alten Meistern" zu lernen, um nicht das Rad zum wiederholten Male erfinden zu müssen und nicht von selbsternannten "Damastgurus" oder "Meisterwaffenschmieden". Dies ist beileibe kein einfacher Weg, doch richtige Schwertschmiede scheuen keine Mühen, ihn zu bestreiten.

Trotz aller Wissenschaft bleibt die Fähigkeit, die "Geheimnisse des Stahles" zu kennen und zu beherrschen, eine selbst in unserer Zeit seltene Fähigkeit, die man, wo vorhanden, jederzeit anerkennen sollte.

Auch heute noch kann die Beschäftigung mit diesen alten Techniken zu neuen Erkenntnissen und Denkanstößen führen, worin auch die Berechtigung für die Erforschung dieser alten Verfahren zu suchen ist...

Ist es in unserer schnellebigen Zeit z.B. kaum noch sinnvoll, irgendein Werkstück in mehr als etwa drei Arbeitsgängen herzustellen, so waren doch an der Entstehung eines einzigen Schwertes allein bis zu 5 verschiedene Handwerker beschäftigt. Was uns heute an Qualitätsmerkmalen oftmals schmerzlich fehlt, hatten uns also unsere Vorfahren vor vielen Jahrhunderten bereits voraus...

Natürlich hat niemand jemals mit einem einzigen Schwert einen Krieg oder auch nur eine Schlacht gewonnen. Jedenfalls nicht im physischen Sinne. Aber es ist meine Überzeugung, daß Mancher das Schwert benötigt, um diese Erkenntnis verinnerlichen zu können.


heutige Schwerttypen

Wir unterscheiden im Wesentlichen zwischen drei Schwerttypen und ihren Anwendungsgebieten:

Schaukampfschwerter

Diese werden in Kampfchoreografien eingesetzt, wie sie z.B. bei Film, Theater und Fernsehen noch immer üblich sind. Pariert wird dabei ausschließlich mit der Schneide, was ein historisches, scharfes Schwert zerstören würde...
Aus diesem Grund haben Schaukampfschwerter eine "Schlagkante" von zwischen 2 mm (bei leichten Exemplaren) und 4mm (für hohe Beanspruchungen in besonders "actionreichen" Darstellungen).

Die Griffteile können sowohl aus Holz, als auch komplett aus Stahl (bei Schwertern nach der bewährten "Aldingerbauweise" mit 4 mm "Schlagkante") bestehen.


Fechtschwerter

Diese Schwerter sind ebenfalls stumpf, haben aber weit feinere "Schneiden" mit etwa 1,5mm bis 1mm und sind damit deutlich leichter, als Schaukampfwaffen.
Die Griffe bestehen aus Holz, was den originalen Vorbildern entspricht und das Gesamtgewicht deutlich senkt. Ihr Haupteinsatzgebiet ist die Rekonstruktion und Ausübung historischer Fechttechniken im Sinne sportlicher Kampfkunst.

Gesamtgewicht und Schwerpunkt sind den originalen Vorbildern sehr ähnlich, ebenso das äußere Erscheinungsbild. Die Montagemethoden sind bei diesen Schwertern ebenfalls weitgehend historisch korrekt gewählt.

Für den Schaukampfeinsatz sind sie, trotz höherer Härte (um 57 HRC) und feinerer Verarbeitung wegen der schmalen "Schlagkanten" nicht geeignet.


Scharfe Schwerter

...Dienen ausschließlich zu Sammler- und Liebhaberzwecken sowie zur Einübung von Kampfabläufen ohne Gegner (sog. "Katas" bzw. "Formen") im sportlichen Zusammenhang.

Diese Schwerter werden oft sehr aufwendig ausgeführt, weisen eine hohe Härte auf (ab etwa 57 HRC) und sind messerscharf ausgeschliffen.

Erst mit scharfen Klingen ist es möglich, ein feines Gespür für die Führigkeit alter Waffen zu entwickeln und die alten Kampfkünste in all ihren Feinheiten nachvollziehen zu können.

An dieser Stelle weise ich darauf hin, das auch das unbedarfte Ausführen solcher Formen mit scharfen Schwertern durchaus gefährlich sein kann.



Schmieden

Immer wieder geht das "Gerücht" um, das Schwertklingen nur dann etwas taugen, wenn sie geschmiedet sind. Schon allein unter dem bloßen Begriff "geschmiedet" verstehen viele Händler und auch Kunden soviel wie: "Hat einmal ein Feuer gesehen und ist mit dem Hammer bearbeitet worden"...

Technisch betrachtet ist weder das eine noch das Andere korrekt. Zwar ist es richtig, das die geschmiedeten Klingen unserer Vorfahren die höchste erreichbare Qualität hatten. Doch ist es nicht richtig anzunehmen, man könne durch bloßes "darauf herumprügeln" aus einem modernen Flachstahl ein "Superschwert" machen. Genauso falsch ist es aber, die Verwendung moderner Materialien und Bearbeitungsmethoden von vorneherein abzulehnen.

was oft nicht bedacht wird, ist nämlich Folgendes:

Es ist genauso möglich, durch geringfügige Fehler beim Schmieden (die sehr leicht passieren können) aus einem guten Stahl einen unbrauchbaren zu machen. Zwar weist ein sauber geschmiedeter, moderner Stahl tatsächlich ein leicht verbessertes Gefüge und meist eine etwas höhere Festigkeit auf, doch ist dies nur in sehr geringem Umfang der Fall, so das sich der Mehraufwand des Schmiedens nur dann lohnt, wenn man sich aus ideellen Gründen möglichst dem Original nähern möchte oder aber ohnehin ein Schweißverbundwerkstoff erzeugt und verarbeitet werden soll (Damaszenerstahl, Raffinierstahl o.ä.)

Wird eine Klinge aus einem modernen Flachstahl durch Fräsen und Schleifen herausgearbeitet und anschließend gehärtet, ist mit dem Material genau das geschehen, wofür es gemacht wurde und somit kann eine hohe und vor allem gleichbleibende Qualität erreicht und gehalten werden. Optimal ist das bei Schaukampf- und Fechtschwertern. Aber auch bei genau nach historischem Vorbild gefertigten Klingen kann das, auf Grund des günstigen Preis- Leistungsverhältnisses, sehr sinnvoll sein.

Wird eine Klinge aus modernem Material sauber geschmiedet, wie es bei hochwertigeren Stücken praktiziert wird, wirkt sich dies normalerweise günstig auf die physikalischen Eigenschaften aus, ist aber mit einem höheren Aufwand und damit auch einem deutlich höheren Preis verbunden.

Wird eine Klinge komplett aus durch das Schmieden überhaupt erst entstandenem Schweißverbundwerkstoff, also Raffinierstahl und/oder Damaszenerstahl gefertigt, so ist zweifellos ein Optimum an technischer und künstlerischer Qualität erreichbar. Aber nur, solange der Schmied sich keine Fehler erlaubt...




Das Härten

Die "richtige", das heißt "passende" Härte für Schwertklingen hängt von vielerlei Faktoren ab. Das Einsatzgebiet, die Stahlsorte, die Bauart des Schwertes und die Stärke der "Schlagkante" spielen dabei die wichtigsten Rollen.

Nachdem die Schwertklingen durch Schleifen und Fräsen (als moderne Verfahren...), oder aber durch Schmieden, Feilen und Schleifen (traditionell) in Form gebracht worden sind, müssen diese gehärtet werden.
Um ihnen ihre Flexibilität und Bruchsicherheit zu geben, sollte der Schmied hier nichts dem Zufall überlassen.

Die Klingen kommen zunächst in einen Salzbadofen, worin sie bei Temperaturen um etwa 800 Grad Celsius einige Minuten verweilen. Anschließend werden sie in einem sogenanntem "Warmbad" bei ca. 180°C bis 300°C sanft abgeschreckt.
Dieses sanfte Abschrecken verhindert starke Spannungen oder gar Risse, die bei der Härtung in Wasser zu befürchten wären. das dabei entstehende Kristallgefüge (sog. Bainit) ist außerdem besonders zäh.

Eine so behandelte Klinge hat nun eine Härte von über 60 HRC (Härtegrade nach "Rockwell", je nach verwendetem Stahl kann dieser Wert stark schwanken) und ist damit fast so spröde wie Glas.

Um ihr nun die hohe Elastizität zu geben, wandert die Klinge erneut in ein Warmbad, wo sie wiederum etliche Minuten bis Stunden, diesmal bei niedrigeren Temperaturen zwischen 120 und 350 Grad (abhängig von der verwendeten Stahlsorte), verweilt.

Durch dieses sogenannte "Anlassen" verringert sich die Härte etwas, Spannungen werden abgebaut, die Zähigkeit und damit auch die Bruchsicherheit nehmen aber zu.

Durch anpassen der Temperatur und der Temperaturhaltezeiten kann die gewünschte, endgültige Härte der Klinge auf ca. 1-2 HRC genau eingestellt werden.

Anschließend werden die Klingen nach dem "Rockwellverfahren" geprüft. Diese Prüfung ist anhand von kleinen, etwa nadelspitzengroßen Abdrücken der Diamantprüfspitze in der Angel zu erkennen, die allerdings später durch die Griffteile verdeckt, teilweise auch wieder ausgeschliffen werden.

Um einen Bruch der Klinge am "Auflager", dem Übergang zwischen Klinge und Angel, zu verhindern, bedient sich der kundige Schmied außerdem noch eines "Tricks" der alten Meister:

Nach der vollendeten Wärmebehandlung wandert der Angelbereich erneut ins Anlaßbad, wo dessen hohe Härte in wenigen Minuten auf ein zähelastisches Maß gesenkt wird. Eine erneute Prüfung der Angelhärte schließt das aufwendige Härteverfahren endgültig ab.

Nur so lässt sich eine größtmögliche Sicherheit bei langer Lebensdauer erreichen.



Schaukampf und Schaukampfschwerter

Schaukampfschwerter sind, anders als die zumeist scharfen Waffen unserer Vorfahren, höchsten Belastungen ausgesetzt. Wiederholte Schläge Schneide auf Schneide, oft mit viel Kraft ausgeführt, beanspruchen das Material und besonders die Verbindungen zwischen Griffteilen und Klinge extrem.
Das diese Aktionen nicht ganz ungefährlich sind, versteht sich von selbst.

Immer wieder hört man von umherfliegenden Knäufen oder Klingen, die sowohl die Darsteller als auch das Publikum verletzen können. Daher ist es notwendig, die Eigenschaften seines Schwertes so gut als möglich zu kennen. Wackelnde Knäufe oder Parierstangen können ein Indiz für baldigen Bruch sein. Solche Gerätschaften gehören nicht mehr in den Schaukampf vor Publikum oder gar in freie Schlachteninszenierungen!

Manchmal lassen sich solche Schäden reparieren, allerdings sollte man diese Arbeiten besser einem Fachmann überlassen. Dieser ist dann auch in der Lage, Auskunft über die weitere Schaukamftauglichkeit oder -untauglichkeit zu geben.

Bei "harten" Schaugefechten entstehen immer leichte Scharten. Diese bergen ein nicht geringes Risiko und müssen deshalb von Zeit zu Zeit ausgeschliffen werden. Dies kann mit einer nicht zu groben Feile oder einem Winkelschleifer mit Lamellenschleifscheibe selbst vorgenommen werden.

Aber auch das beste Schwert kann einmal brechen, die beste Verbindung kann sich lösen. Deshalb ist die Einhaltung eines genügend großen Sicherheitsabstandes zum Publikum unverzichtbar!


<span style='color:red'>NIEMALS darf mit scharf ausgeschliffenen Schwertern gekämpft werden!</span>


Für das sportliche Fechten nach alten Überlieferungen (z.B. Talhoffers Fechtbücher), fertigt man auch sogenannte "Fechtschwerter" an.
Diese haben eine weit dünnere Schlagkante von etwa 1,5mm bis 1mm und entsprechen in Gewicht und Balance fast einem scharfen Original.
Diese Schwerter sind für harte Schläge Schneide auf Schneide aber nicht geeignet!
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Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von Paganlord - 24.05.12005, 09:57
[Kein Betreff] - von Hælvard - 24.05.12005, 10:15
[Kein Betreff] - von Paganlord - 24.05.12005, 11:52
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 24.05.12005, 16:34
[Kein Betreff] - von Balmung - 24.05.12005, 16:54
[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 24.05.12005, 18:03
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[Kein Betreff] - von Nuculeuz - 24.05.12006, 18:06
[Kein Betreff] - von Paganlord - 29.05.12006, 14:46

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