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Geoglyphen
#1
Geoglyphen sind Abdrücke und Symbole, welche in der Landschaft zu finden sind.

Inspiriert durch das Buch
"Bergöttinnen der Alpen - Matriarchale Landschaftsmythologie in vier Alpenländern" von Heide Göttner-Abendroth
kann man eine natürliche Landschaft auch mit ganz anderen Augen sehen.


Matriachale Landschaftsmythologie

   

Die Menschen der Jungsteinzeit, welche die ersten dauerhaften Siedler auf der Erde waren, wandten sich den Landschaften nicht nur unter dem Aspekt des Nutzens zu. Sie errichteten ihre Orte und Kultplätze nicht nur da, wo sie Wasser und fruchtbareres Land oder Bodenschätze fanden, sondern sie betrachteten die Erde als ein göttliches Wesen, als eine Urgöttin, worauf unser heutiger Ausdruck „Mutter Erde“ noch hinweist. Die ersten, die sich niederließen, waren auch die ersten, die solche Landschaften symbolisch betrachteten und nachformten. Sie errichteten ihre Häuser und besonders ihre Kultbauten danach und betonten dabei einen bestimmten weiblichen Zug der Erdgöttin, der ihnen am jeweiligen Ort auffiel. Die Nachformung der Landschaft konnte dabei vieles einschließen, nicht nur Architektur in Holz und Stein, sondern auch die Anlage von Hügeln und symbolischen Erdwällen, die Pflanzung von Bäumen, ebenso die Verbindung von mehreren Wohn-Kultplätzen untereinander, was zum Entwerfen von großräumigen Symbolbildern in der Landschaft führte.

Dafür waren die Sichtlinien von einem Ort zum anderen außerordentlich wichtig. Sichtlinien wurden mithilfe der megalitischen Kalenderanlagen, wie Steinkreise und Steinreihen, nach den Himmelsrichtungen bestimmt: die Ost-West-Linie und Nord-Süd-Linie, ebenso die Südost-Nordwest-Linie und die Südost-Nordwest-Linie. Diese Richtungen waren nicht nur für die Orientierung, sondern auch mythologisch bedeutungsvoll. Wenn von einem bestimmten Standpunkt aus gesehen Hügel oder Bergspitzen am Horizont genau in ihnen lagen und Orientierungspunkte in der Landschaft boten, wurden diese Himmelsrichtungen auf die Erde projiziert. So entstand ein erstes Ordnungssystem in der jeweiligen Landschaft. Die Hügel entlang der Sichtlinie wurden dann mit Kultplätzen besetzt, und man blickte von jedem Kulthügel direkt zum nächsten. Auf diese Weise wurden die Sichtlinien zu sakral Kultlinien, denn sie führten schnurgerade von einem Kultplatz zum anderen. Dieses erste Ordnungssystem war zugleich ein Kommunikationssystem, wobei die weiträumigen Fernkommunikation mithilfe von Feuern von Hügeln zu Hügel hergestellt wurde. Die Telekommunikation galt neben anderem besonders der Ankündigung der großen, heiligen Feste im Jahreszeitenkreis, die vom ganzen Volk gefeiert wurden. Überreste davon finden wir heute noch in dem Brauch vom Höhenfeuer und dem Walpurigsfeuer im Frühling, dem Sommersonnwendfeuer im Juni und dem Martinsfeuer im November.

   

Dieses Ensemble von natürlichen Landschaftsformen, menschlichen Bauwerken, die deren symbolische Bedeutung betonten, und Sichtlinien, die zugleich Kultlinien und Fernwege waren, macht das landschaftsmythologische Gefüge aus, das von den frühesten sesshaften Kulturen geschaffen wurde. Es ist eine Kunst, eine Landschaft so zu sehen und zu formen; wir können sie die Kunst nennen, menschliche Kultur im Einklang mit den Landschaften der Erde zu schaffen. Die Landschaft wurde dabei verehrt, dann zusätzlich zu allen praktischen Vorteilen war diese Kunst zugleich mit religiösen oder spirituellen Handlungen verbunden.

Es gibt verschiedene Methoden, um herauszufinden, ob man sich gerade in einer solchem Landschaftsbild befindet.


1. Methode: Begehen einer Landschaft:

   

Die erste und elementare Methode ist, eine Landschaft zu erwandern. Immer und immer wieder jene zu begehen um die landschaftliche Mythologie zu erkennen. Dabei braucht es einen offenen und weiten Blick, aber ebenso ein offenes Herz, um ihre Besonderheit und Weiblichkeit zu erkennen. Es bleibt die Herausforderung, die moderne Zerstückelung von Landschaften durch Gebäude, Straßen und sonstige technische Anlagen zu „übersehen“. Jene Methode eignet sich für Einheimische oder immer Wiederkehrende, denn auf keinen Fall offenbart sich die Landschaft dem flüchtigen, touristischen Betrachter.


2. Methode: Heiliger Hügel mit abgesenktem Horizont

   

Bei einem offenen Blick in die Landschaft fallen Hügel, die frei stehend und von mittlerer Höhe sind, immer auf. In der Regel sind jene mit K**chen, K**ellen, K**stern, Burgen oder Schlössern besetzt. Man fragt sich, warum die K**che nicht im Dorft geblieben ist, ist der Aufstieg dorthin doch sehr mühsam. Bei Burgen und Schlössern denkt man an die „strategisch günstige“ Lage…
Denn wenn man den Hügel hinaufsteigt, hat man eine wundervolle Aussicht, die nur durch jene Gebäude gestört wird.
Diese Methode besteht darin, von einem solchen Hügel aus den Horizont zu prüfen. Die schöne Aussicht entsteht nämlich dadurch, dass der Horizont – obwohl nicht am Meer, sondern im Hügel- oder Bergland – sich scheinbar absenkt und nahezu eben wirkt. Der Blick kann in einem mehr oder weniger weiten Winkel über die Landschaft schweifen, manchmal sogar ringsum, weil der durch Hügelkuppen und Bergspitzen, die sich scheinbar ducken, nicht behindert wird. Der weite Winkel reicht meistens von Ost nach Süd nach West, zumindest aber von Ost nach Süd oder von Süd nach West. Es sind genau jene Himmelsrichtungen, durch die alle Gestirne ihren Weg ziehen, denn die Wahl besonderer Hügel mit dem abgesenkten Horizont galt der astronomischen Beobachtung. Diese heiligen Hügel besaßen in jener frühen Epoche Steinsetzungen als aufrechten Peilsteine, mit deren Hilfe die exakten Gestirnsbewegungen gemessen werden konnten. Später wurden sie – wie so viele Dinge – von den ch**stlichen Missionaren rücksichtslos zerstört.


3. Methode: Prüfen von Sichtlinien gemäß der Archäo-Astronomie

   

Wenn man einen Heiligen Hügel entdeckt, kann man die dritte Methode anwenden. Dort geht es um die Sichtlinien. Die wichtigen Sichtlinien sind die Ost-West-Linie, die Süd-Nord-Linie, die Nordost-Südwest-Linie und die Südost-Nordwest-Linie. Sie sind die Linien der Auf- und Untergänge der Sonne zu Beginn der vier Jahreszeiten. Außer der Sonnenbewegung wurden mit komplexen Anlagen auch die Bewegung des Mondes studiert und in Mondlinien festgehalten, deren Winkel ebenfalls Sichtlinien ergeben.


4. Methode: Prüfen von Kultlinien und Kultwegen

   

Hat man eine exakte astronomische Sichtlinie von einem Heiligen Hügel aus gefunden, so ist es interessant nachzuprüfen, ob genau auf dieser Linie weitere Hügel mit K**chen, Burgen usw. liegen. Das ist meist der Fall, und man hat diese Bauten an einer Schnur auf dieser exakt geraden Linie aufgereiht. Man hat also eine Kultlinie gefunden, auf der auch Kultplätze lagen. All jene waren mit Wege verbunden. Lagen sie auf den Hügeln entlang eines Flusses, so bewegten sich die Menschen auf diesem Wasserweg zu ihnen. Lagen sie hingegen auf Hügeln im Land, dann führten die frühesten Pfade schnurgerade durch die Landschaft von einem Kultplatz zum nächsten. Für die ersten Wege über Land war es typisch, dass sie in ständigen Auf und Ab verliefen. Die Hügel dienten dabei als Orientierungspunkte und, wenn man oben angekommen war, als Rastplätze. Außerdem verliefen die Wege, wenn möglich, auf Höhenrücken und nicht durch Täler. (Bäche und Flüsse konnten gefährlich steigen durch die Schneeschmelze und bildete Sümpfe und Moore – zudem war es der kürzeste Weg am Rücken entlang.)


5. Methode: Archäologische Analyse

   

In dieser Methode zieht man die Berichte und Funde von Archäologen zusammen – jedoch glaube ich nicht, dass man unbedingt einen Fund braucht, um sich seiner sicher zu sein, denn wie schon oft in unserer Geschichte haben die Ch**sten ganze Arbeit geleistet, um altes Wissen zu zerstören.


6. Methode: Linguistische Analyse

   

Sehr aufschlussreich sind Landschaftsnamen, seien es die Namen von Bergen, Hügeln, Seen, Flüssen, Tälern oder von Orten, Dörfern und Städten. Ebenso aufschlussreich ist, dass manche auffallenden Landschaftszüge während der verschiedenen kulturellen Überschichtungen immer wieder neu benannt wurden, jedoch im alten Sinne. Das ist dann der Fall, wenn in Bergen oder Flüssen eine Landschafsgöttin gesehen wurde, welche die späteren Kulturen übernahmen. Ihr ältester Name wurde dann zuerst keltisiert, dann romanisiert oder germanisiert, ein Vorgang, der auch in den Mythen zu beobachten ist. Flurnamen oder Namen von alten Heiligen Hügeln können sehr symbolisch sein, wie die vielen lokalen Bezeichnungen mit dem Wort „Frau“ zeigen, zum Beispiel „Frauenberg“, „Frauenholz“, „Frauenmarkt“, „Frauenau“, „Frauendorf“, „Frauenbrunnen“ usw. Dieser Titel bezog sich früher immer auf Göttinnen.
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#2
7. Methode: K**chenforschung

Mit jenen Gebäuden wurden auf alten Heiligen Hügeln die ch**stliche Symbolik auf die viel älteren symbolischen Vorstellungen gesetzt. Wenn man die früheren Kultstätten nicht zerstört hat, so wurden sie umfunktioniert, was insbesonders dann geschah, wenn die Verehrung der Bevölkerung an dem alten heiligen Platz festhielt. Das missionarische Prinzip, das dabei zur Anwendung kam, war, die frühere Symolik unmittelbar auf die ch**stliche Gestaltung zu übertragen, doch den Sinn zu verdrehen, so dass die Bevölkerung quasi dasselbe, aber im chr**stlichen Gewandt vorfand – so fern dieses akzeptiert wurde.

Deshalb ist die Ikonografie in den Ki**hen, d.h. die Bildlichkeit von Gemälden und Skulpturen mit ihrer offenen oder versteckten Symbolik, weitaus wichtiger als die ch**stlichen Legenden dazu, die mit den Bildern häufig nicht übereinstimmen.

   

Besonders auffällig sind in diesem Zusammenhang Maria-Wallfahrtsk**chen. Sie befinden sich auf sehr wichtigen alten Kultplätzen der Göttin, was man anhand ihrer besonderen Lage leicht erkennt. War diese beispielsweise eine Himmelsgöttin, so erscheint Maria nun als Himmelsfrau; war die Göttin erdhaft und mütterlich, so findet sich die Betonung auf Maria in ihrer Mutterrolle; handelt es sich um eine Göttin der Unterwelt, so finden wir Maria als Alte Frau oder sogar als Schwarze Madonna wieder. Diese kurze Bemerkung mag zeigen, wie direkt die ch**stliche Übernahme war, weshalb sie wirksam als Hilfestellung dient, um den alten Sinngehalt des Kultplatzes aufzudecken.

Da die Landschaftgöttin als Berg, Hügel oder Fluss immer noch existent und nicht übersehbar ist, zwang es die Missionare zu drastischen Aussagen, sie dämonisierten ganze Landschaftsbilder, um die Blicke der Menschen ausschließlich ins Innere der K**chen zu lenken. Man machte die Menschen „blind“ für die umgebende Landschaft. Deshalb findet man häufig die Namen mit „Teufel“ oder „Hexen“ in bestimmten Landschaftszügen. „Teufelshörner“, „Teufelskopf“, „Hexenküche“, „Hexentanz“ usw. weisen gerade dadurch auf bedeutende und positive Plätze hin.


8. Methode: Sagen- und Mythenforschung

   

… nicht umsonst heißt es „Landschaftsmythologie“.
In den verschiedensten Ecken von ganz Europa und der ganzen Welt gibt es Sagen und Märchen, auch wenn die Figuren sich unterscheiden und die Namen anders sind - ist der Sagenkern (knappste Form/Sinninhalt) immer wieder der gleiche. Diese Sagenkerne funktionieren wie eine Gedächtnisstütze für die mündliche Erzählung, denn über außerordentlich lange Zeiträume wurden Mythen und Sagen ausschließlich mündlich überliefert. Fremdartige Sageninhalte aus späteren patriarchalen und ch**stlichen Zeiten wurden zwar eifrig gesammelt und füllen heute Bücher, aber sie werden noch immer in unverstandener Form wie ein wirrer Haufen von Kuriositäten präsentiert. D.h., man muss in Myhten und Sagen auf diese ältestes Muster und Motive zurückgehen, denn keine Mythe oder Sage ist ein homogenes Gebilde, sondern aus verschiedenen Schichten aus den unterschiedlichsten Kulturepochen zusammengesetzt. Auf diese Weise werden die Kernaussagen sehr klar und liefern viele Informationen aus den früheren Kulturepochen.


9. Methode: Folklore-Forschung

   

Der Bereich der Volkstraditionen ist umfangreich und zeigt von Region zu Region eine große Verschiedenheit. Wenn man deshalb eine bestimmte Gegend erforscht, gehört die Kenntnis der lokalen Bräuche dazu, denn sie beziehen sich in der Regel auf die umgebende Landschaft. In ihnen werden die Jahreszeiten gefeiert welche sich in den Landschaften mit deren verschiedenen Gesichter zeigen. Oder es werden bestimmte, symbolisch verstandene Landschaftszüge, wie Teiche, Quellen und besondere Steine in den Bräuchen geehrt. Dabei verraten uns ihre Handlungsabläufe genau, welche Symbolik man in dem jeweiligen Platz sieht. D.h, auch die Symbolik und Handlungsabläufe in Bräuchen, Liedern usw. benötigen dieselbe genaue Entschlüsselung wie die Sagen und Mythen, damit ihr Bezug zur Landschaft sichtbar wird. Die Bevölkerung pflegte ihre alten, ererbten Brauchtümer und schrieb nicht alle auf, sie gehörten zum großen Bereich mündlicher Traditionen, eben zur Folklore.


10. Methode: Erforschung von Rückzugsgebieten und kulturellen Nischen

   

Der weite Bereich der Folklore gedieh am besten in Rückzugsgebieten und kulturellen Nischen, die zu den verachteten „Provinzen“ wurden. Die Geschichtsschreibung kann hier die Archäologie ergänzen. Sie lässt uns wissen, wann bestimmte Gegenden zu Rückzugsgebieten wurden und zur abseits gelegenen Provinz herabsanken. Wir erfahren dabei auch, in welchem kulturellen Kontext sie zur Provinz wurden, denn das zeigt an, was ab jetzt konserviert und beharrlich als Tradition weitergeführt wird, unberührt von neueren und modernen Strömungen. In solchen Gebieten bleiben wesentlich ältere Traditionen erhalten als in Durchgangsgebieten oder Städten, sie werden zu einer kulturellen Nische. Deshalb sind gerade diese Orte und Provinzen einer nähren geschichtlichen Betrachtung wert, vor allem, weil sie sich in der Regel in den schönen und wilden Landschaften befinden, die in der Jungsteinzeit wegen ihrer Besonderheit verehrt wurden.
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