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Der Dachsberg am Havelufer
#1
An einem Wochenende entschieden wir uns, den Dachsberg zu besuchen. In sehr knappen Quellen ist angemerkt, daß an diesem Ort ein heidnischer Priester gelebt haben soll.

   

Diese Gegend ist sehr interessant, denn das Dorf Pichelsdorf auf der anderen Seite des Havelufers und gegenüber des Dachsberges zählt zu den ältesten der Gegend. Es soll bereits existiert haben, als die Leute (Leutchen, Ludki) noch in der Erde wohnten.
Der Dachsberg selbst ist eine unscheinbare Erhöhung und liegt eingebettet im Grunewald. Die Havel bildet seine westliche Grenze.
Als wir dort ankommen, gibt es einen Hinweis auf das Schildhorndenkmal. Das Schildhorndenkmal ist auf der Landzunge mit den Namen Schildhorn aufgestellt worden. Der Dachsberg ist sozusagen die Anhöhe vor dieser Landzunge. Ich  konnte mich vage an eine Sage dazu erinnern, hatte sie mir aber nicht positiv abgespeichert.

Aber nun waren wir hier, und Zufälle gibt es ja nicht :-)


Die neueste Version der Sage:

Zitat:Jaxa von Köpenick durchschwamm  auf der Flucht vor Albrecht dem Bären und zwei weiteren Reitern die Havel, die sich in diesem Raum zu einem der Havelseen verbreitert. Von der Flucht erschöpft, drohte Jaxas Pferd in den Fluten zu versinken. Als der Slaweng*tt Triglaw sein Flehen um Rettung nicht erhörte, hielt er seinen Schild hoch über den Kopf und rief in seiner Not den bislang verhassten Chr*stengott an. Da schien es ihm, als fasste eine Hand den erhobenen Schild und hielte ihn mit sicherer Macht über dem Wasser, neue Kraft durchströmte auch das sinkende Pferd – das Ufer bei Schildhorn war erreicht. Dort schwor er dem Chr*stengott die Treue und hängte aus Dankbarkeit seinen Schild an eine Eiche.

Deswegen hatte ich mir das Thema negativ abgespeichert Blinzeln

Schildhorndenkmal von Eduard Gaertner, 1848

   


Wir wissen jedoch, daß die Chr*sten alten Sagen übernommen und zu ihrem Zwecke verändert haben. Und so beginnt unsere Suche...

- Die älteste schriftliche Überlieferung stammt von Jacob Paul von Gundling aus dem Jahr 1730. In seiner Erzählung wird an Stelle von Jaxa der Slawenfürsten Pribislaw in Szene gesetzt.
„Man hat Nachricht, daß es unweit Potsdam zwischen Marggraf Albrechten und König Prebislaus zum Treffen gekommen, […] wo der Wendische König Prebislaus durch die Havel die Flucht genommen.“

-  Adolph Friedrich Johann Riedel erwähnte 1831 Jaxa anstelle von Pribislaw

- Nach Untersuchungen von Martin Friedrich Rabe aus dem Jahr 1856 nennt die Sage in ihrer ältesten Fassung keinen Namen, sondern „nur den letzten slavischen (ostgermanischen) Beherrscher über Brandenburg“. Rabe schließt daraus: „darunter kann Jaczo wohl nicht verstanden werden, sondern nur Pribislaw.“ Es ist unbekannt auf welche Fassung Rabe sich bezieht.

- Die Sagensammlung von Giesela Griepentrog „Havelsagen“  beinhaltet eine Überlieferung von einem Ritter, der von seinen Feinden verfolgt, mit seinem Pferd den Sprung in die Havel wagte und das Pferd ihn erfolgreich an das andere Ufer trug. Als Andenken hing er Schild und Speer an eine Eiche. Die Landzunge erhielt von diesem Tage an den Namen Schildhorn.

Ich entnehme aus diesen Informationen, daß die Geschichte des Schildhorns also älter als die Sage, welche öffentlich vermittelt wird, ist. Über viele Jahrhunderte wurde die Überlieferung an die aktuellen Geschehnisse bis hin zu Chr*stianisierung angepasst.

Historisch ist die Chr*stianisierung der heidnischen Bevölkerung in dieser Sage verwoben. Das Schildhorn scheint jedoch über lange Zeit eine bedeutende naturreligiöse Rolle für die ansässige Bevölkerung eingenommen zu haben. Man bindet an einen Ort in keinem anderen Fall Sagen und Legenden. Und auch die K*rche versucht aus keinem anderen Grund, die Geschichten nach ihrer Vorstellung zu verunstalten und die Menschen damit in die Irre zu führen. Die minimalistischen Hinweise auf den heidnischen Priester auf dem Dachsberg könnten meine Vermutung unterstützen.

Die Überlieferung Schild und Speer an einer Eiche zu hängen, erinnert mich an den Richterg*ott Tyr. Bei den Recherchen finde ich Hinweise auf den G*tt Prowe:

Zitat:Prowe war der scharfsinnige und äußerst strenge G*tt der Gerchtigkeit und als Richter sehr gefürchtet... Auf der Brust hatte er Schlangen, die seine Klugheit bezeichneten, manchmal auch Ketten um den Hals. Bisweilen wurde er auf einer Säule oder einer Eiche stehend gefunden, dann war er nackt und hatte ein Schild mit 13 Buckeln, der an einem Riemen über die Schulter hing und trug einen Speer mit einem Fähnchen.

oder

Ein G*tt der Wenden und nordischen Slaven, als ein kluger, aber strenger und furchtbarer Richter verehrt. Er war G*tt der Gerechtigkeit, trug, als Symbol der Klugheit, Schlangen auf der Brust, und in der Hand den eisernen Schild, welcher in zweifelhaften Fällen als Gottesurtheil entscheiden sollte, indem er glühend gemacht und zur Feuerprobe gebraucht wurde. Sein ehernes Bild stellte einen alten Mann mit langem, faltigem Gewände vor; er trägt Ketten um den Hals und in einer Hand ein Opfermesser.

Prowe ist einer der ostgermanischen Götter und fungiert wie Tyr als Richterg*tt. Ostgermanische naturreligiöse Völker haben sich auch in diesen Regionen der Havel niedergelassen.
Finde Dich selbst!
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Es bedanken sich: Waldläufer , Munin , Saxorior , Paganlord , Fulvia , Cnejna


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