16.07.12025, 11:30
Die Schäferka*elle als eine erhaltene heidnische Kultstätte
Im Folgenden soll anhand einiger signifikanter Merkmale dieser Kapelle dargelegt werden, dass es gute Gründe für die Annahme gibt, dass diese nicht nur an der Stelle eines ursprünglichen Wodansheiligtums steht, sondern dass sie im Wesentlichen die Gestalt und wahrscheinlich auch Teile des ursprünglichen Wodanstempels in baulicher Kontinuität enthält. Ebenso ist wahrscheinlich zu machen, dass Kultkontinuität hier auch im Hinblick auf die Riten und die „Kultgemeinde“ bestand. Dafür sprechen 1. das Patronat der Erzen*els Michael, 2. mittelalterliche Votivgaben, die im Boden der Schäferka*elle gefunden wurden, und zur überlieferten Rolle Wodans als Heiler von Tieren, insbesondere von Pferden, passen, 3. dass an verborgener Stelle an der Außenwand der Schäferka*elle, über den Südfenstern, drei Symbole zu finden sind, von denen zwei als Runen, wahrscheinlich „Gebo“ und „Ingwaz“ zu deuten sind, somit als Symbole der Gefjon und des Ing, das dritte als Rabe und Symbol des Wodan zu identifizieren sind, 4. die Namenstradition der Schäferka*elle, 5. der Grundriss der Ka*elle, der sich erheblich und signifikant von der Grundform romanischer Ki*chen sowie der altki*chlichen Basilika-Form mit ihrer liturgischen Symbolik unterscheidet, 6. die Erhaltung der Schäferka*elle als Vorgängerbau der Michaelski*che mit seinem alten Grundriss und den Ornamenten aus Gründen der Statik, 7. die Lage des Ki*chenkomplexes auf einem Ki*chenberg über dem Fluss. Zusammen lassen sie keinen Zweifel daran, dass diese Schäferka*elle im Wesentlichen die Gestalt und Ornamente eines heidnischen germanischen Tempels bewahrt hat.
Die Lage der Schäferka*elle auf einem Berg am Fluss
Die Lage der Schäferka*elle auf einer Anhöhe über dem kleinen Fluss, der Schwarzach, entspricht der Lage vieler Wodans- bzw. Michaelsheiligtümer auf einem Berg. Viele „Michaels“-Ki*chen sind auf Bergen und Anhöhen gelegen wie ehemals dem Wodan geweihte Heiligtümer: so der Mt. St. Michel in der Normandie, der St. Michael’s Mount in Cornwall, ebenfalls auf einer Insel, sowie der Michelsberg in Heidelberg oder der Greinberg bei Miltenberg. Die Lage der „Schäferka*elle“ weist damit auf Kultkontinuität hin. Dass noch lange nach der Chri*tianisierung Michaelska*ellen auf Bergen oder künstlichen Anhöhen gegründet wurden, weist auf das Fortbestehen heidnischer Vorstellungen hin. Die Hinweise darauf, dass sich dort, wo im 8. Jahrhundert die Michaelski*che erbaut wurde, eine Stätte des Wodanskultes von offenbar regionaler Bedeutung befand, passen zu dieser Lage der Schäferka*elle. Auch die Lage der Schäferka*elle an der Schwarzach könnte bedeutsam sein. Es gibt eine Entsprechung zur Lage des Klo*ters Niederaltaich in Niederbayen, das im Jahr 731 gegründet wurde. Dieses, so berichtet der Chronist Placidus Hayden im 18. Jahrhundert zur Tausendjahrfeier des Klo*ters, wurde dort errichtet, wo eine heilige Eiche als Kultstätte an der Donau stand. Der Name des Klo*ters gehe darauf zurück: „die Niedere alte Aich, von einer an der Donau gestandenen, übergrossen Eichen, bey welcher das tumme Heyden-Volck der Göttin Isidi viel Opfer abgestattet ... Dieser abscheuliche Höllen-Dienst dauerte so lange, biß der H. Pirminius ... als ein andrer Josias, diesen abgöttischen Baum niedergehauen, und einen neuen, dem höchsten G*tt gewidmeten, will sagen, dieses annoch stehende Clo*ter ... darauf gepflanzt und aufgerichtet hat“ Die hier als Isis angesprochene Göttin war nach der interpretatio romana mit der Venus identifiziert, diese nach der interpretatio germanica mit der Göttin Frija. Zu ihrer Identität und zur Frage ihrer Abgrenzung von Freya bemerkt Rudolf Simek: „Hauptgöttinnen sind im nordischen Pantheon nur zwei zu finden, nämlich Frigg, die Gattin Odins, und Freya. Da im südgermanischen Bereich Frigg den Namen althochdt. Frija, langob. Frea trug und die Skandinavier den aus dem lateinischen dies Veneris „Tag der Venus“ übersetzten friadagr aus dem Süden übernahmen, statt ihn selbst zu übersetzen, ist die gängige Trennung der Funktionen in Frigg als Frau des Odin und Götterfürstin und Freya als Liebesgöttin, die von mittelalterlichen Autoren ganz selbstverständlich für Venus eingesetzt wird, nur schwer haltbar.“ Simek schlägt eine späte Differenzierung der etymologisch verwandten Göttinnen Frija und Freya vor, sowie fließende Identitäten, die fallweise zu ihrerIdentifizierung geführt haben können, trotz ihrer verschiedenen - jedoch zuweilen auch schwankenden - Zuordnung zu den Asen und Wanen. Das schließt nicht aus, dass sie dort, wo beide bekannt waren, auch als verschiedene Wesenheiten verstanden wurden. Ihre fallweise Identifikation miteinander ist für unseren Zusammenhang jedoch interessant, indem eine der Runen der Rascher Schäferkapelle, Gefjon (in angelsächischer Lesart) somit auf Frija hinweist. Denkbar ist, dass Placidus Haiden eine Verwechslung unterlaufen ist, so dass er eine etwaige Erwähnung von „idisi“, in seiner Quelle, also die Idisen, wie sie im Ersten Merseburger Zauberspruch als heilkundige weibliche göttliche Wesen und Schutzgottheiten, erwähnt sind, mit „Isis“ identifizierte. Hier wäre allerdings der Wechsel zum Singular zu erklären. Die Idisen waren häusliche G*ttheiten; ihnen wurde auch die Fähigkeit zugesprochen, Gefangene zu befreien. Ihre kultische Verehrung ist aus Skandinavien bezeugt. Sofern P. Haiden in seiner Quelle nicht eine „Isis“ fand, könnte er eine „Venus“ vorgefunden haben, die er im Kontext des 18. Jahrhunderts als „Isis“ bezeichnete, die damals zugleich Symbolgestalt des Kosmotheismus war. Wahrscheinlich dürfte P. Haiden die Germania des Tacitus bekannt gewesen sein, der ausdrücklich eine Verehrung der Isis - in einer Reihe mit Wodan (Mercurius) und Donar (Hercules) bei den Sueben erwähnt. Damit ist ein Bezug zur Frija wahrscheinlich. Die Entsprechung zu den „Donarseichen“ als Kultstätten ist auffällig. Demnach hätte Frija in Niederaltaich eine Kultstätte an einer mächtigen Eiche im Auwald an der Donau gehabt. Der Name „Niederaltaich“ ist wahrscheinlich von „niedere alte Ach“ abgeleitet und verweist damit auf die Lage an einem kleinen Fließgewässer. So wäre auch die Nähe des Schäferka*elle zur Schwarzach, die unter dem Ki*chenberg dahinfließt, bedeutsam. Stand der „Berg“ mit Wodan in Verbindung, so die Flussaue der Schwarzach mit Frija. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine Notiz von Clemens Alexandrinus, der eine Beobachtung Cäsars zur Divination bei den Germanen wie folgt wiedergibt: „Auch gibt es unter den Germanen so genannte heilige Frauen, die durch Betrachtung der Wirbel in Flüssen und der Gegenströmungen und durch das Hören auf die Geräusche der Ströme, künftige Dinge vorherwissen und vorhersagen. Sie ließen ihre Männer nicht gegen Cäsar kämpfen, bis der Neumond aufging.“
Über die Symbolik der Himmelsrichtungen und die Achsen der Schäferka*elle
Die Schäferka*elle steht annähernd in Ost-West-Richtung; allerdings weicht ihre Achse um einige Grade von der in einem Abstand von 1 - 3 Metern südwärts und annähernd parallel zu ihr stehenden „geosteten“ Michaelski*che ab, die im 11. Jahrhundert errichtet wurde. Deren Gestalt ist romanisch, mit normgerechtem Grundriss. Dass die romanische Michaelski*che nicht auf dem Platz der Schäferka*elle selbst errichtet wurde, deren Gestalt damit zerstört worden wäre, ist wahrscheinlich auf statische Gründe zurückzuführen. (Oder man versuchte dort Energie zu klauen? Oder man hatte Angst vor den wirklichen Göttern!) Die Schäferka*elle ist direkt an der Kuppe des Hügels, des „Ki*chenbergs“, errichtet worden. Dieser Platz hätte wohl das Gewicht der größeren Michaelski*che nicht getragen. So wurde sie direkt vor die Schäferka*elle gesetzt. Von Seiten der Archäologie wird inzwischen die Auffassung vertreten, dass die heutige „Schäferka*elle“ an der Stelle der ursprünglichen Michaelski*che stehe, während die heutige Michaelski*che im 11./12. Jahrhundert daneben neu erbaut worden sei. 1988-89 wurden durch das Bayrische Landesamts für Denkmalpflege unter Leitung von R. Koch Grabungen in der Schäferka*elle durchgeführt, die durch das abrutschende Fundament der am Hang erbauten Schäferka*elle sowie des sich ebenfalls senkenden Chorbogens in ihr, notwendig geworden waren. Im Verlauf dieser Probesondierungen wurde in zwei Metern Tiefe auch das Ziegelpflaster, das den ursprünglichen Fußboden bildete, entdeckt. Der heute vermauerte Südeingang reicht auf dieses alte Bodenniveau hinunter. Die Aufschüttung stammt wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert Unter dem alten Bodennviveau in zwei Metern Tiefe hat man Geröll gefunden, das drauf hinweist, dass hier von Anfang an ein Steinbau gestanden haben könnte. Zur Frage der baulichen Kontinuität der „Schäferka*elle“ und zur Gestalt des ursprünglichen Baus, vor seiner frühgotischen Überformung, gibt es keine abschließende Stellungnahme. Im 15. Jahrhundert wurde die Michaelski*che und die Schäferka*elle samt dem umgebenden Friedhof mit einer Mauer zur Festungsanlage ausgebaut. Dabei wurde die Nordwand der Schäferka*elle in die Festungswand einbezogen und bildet deren nördliche Seite. Der Boden der Schäferka*elle ist wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Ausbau der Festungsanlage nachträglich erhöht worden. Dafür spricht, dass die umgebende Fläche auch gegenüber dem Bodenniveau der im 11. Jahrhundert erbauten Michaelski*che erhöht wurde. In ihr ist das alte Bodenniveau erhalten geblieben. Treppen führen fast 2 Meter hinab in die Ki*che. Mit diesen baulichen Veränderungen wird die Raumgestalt und ihre Symbolik in signifikanter Weise verändert, wie im Folgenden ausgeführt. Der Grundriss der Schäferka*elle entspricht in symbolisch wichtigen Elementen nicht der romanischen Normalform einer Basilika. Der ursprüngliche Haupteingang liegt nach Süden. Er ist offenbar im Zusammenhang mit der Anhebung des Bodenniveaus zugemauert worden, so dass er heute nur noch als Relief in etwa 10 cm tiefer Wandvertiefung an der Innenwand zu erkennen ist, wo er etwa einen Meter über das heute Bodenniveau herausragt. Angesichts seiner ursprünglichen Höhe von etwa 3 Metern und seiner Breite von über einem Meter ist deutlich, dass dies das Hauptportal der Schäferka*elle war. Das heutige Tor im Westen steht auf dem neuen Bodenniveau, das im 15. Jh. geschaffen wurde. In dieser Hinsicht gleicht die Schäferka*elle einer sehr alten Ki*che in der Oberpfalz, die laut Grabungsbefund auf das 9. Jahrhundert datiert wurde: der Ki*he von Penk. Diese Ki*che weist bis heute ein großes Südportal auf sowie einen zugemauerten Eingang nach Norden. Das Langhaus ist weitgehend unverändert erhalten. Ein Vorgängerbau aus Holz, dessen Reste gefunden wurden, stand wohl bereits im 8. Jahrhundert. Die Kir*che von Penk diente - so die Hinweise aus der Namensüberlieferung - als Gerichtsort („Penk“ von: Gerichts-„Bank“) und auch als Thingplatz. Indem die Rechtssprechung in heidnischer Zeit eine sakrale Dimension hatte, ist dies ein religiös bedeutsamer Ort und wahrscheinlich ein Kultort gewesen. Der Dachgiebel nach Westen lässt noch das bauliche Vorbild rechteckiger Holzhäuser erkennen, welche die Normalform heidnischer germanischer Tempel war. Die ältesten erhaltenen Ki*chen Englands, die im 6. und 7. Jahrhundert in der Zeit der Chr*stianisierung errichtet wurden, haben diesen schlichten Grundriss eines Rechtecks bewahrt. Die Ki*che von Escomb aus dem 7. Jahrhundert ist unter ihnen die am besten Erhaltene. Auch sie hat eine anhand der Tore erkennbare symbolische Nord-Süd-Achse. Die umliegenden Gräber scheinen darauf ausgerichtet zu sein. Im Osten hat die Schäferka*elle eine flache, eckige Apsis. Diese stellt eine Abweichung vom Grundriss der Form eines schlichten Langhauses dar, wie ihn germanische Kultbauten hatten. Man kann annehmen, dass diese im Zuge des gotischen Umbaus der Kapelle entstand und nicht den ursprünglichen Abschluss nach Osten hin bildete ...
Wie gesagt, den ganzen Text findet ihr wie oben erwähnt.
Achte auf deine Gedanken - sie sind der Anfang deiner Taten