(06.06.12014, 13:41)Andrea schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-47039.html#pid47039in Überarbeitung, ist ein wenig arg lang
Für Verdandi.
Und für Cleopatra.
Gesucht und gefunden, und jetzt halt doch ungekürzt:
Für mich eine der größten Herausforderungen am Gärtnern war (und ist immer noch ein wenig) das 'Herrschen' über diesen Bereich. Ich meine damit sowas wie das Stutzen, Jäten, Schneiden. Meine (von mir geschätzte) Nachbarin lacht immer über meinen Wildwuchs und vor allem meinen Kommentar: Das blüht doch so schön. Oder was für mich Nahrung ist, ist für sie halt Unkraut. Sie hat dafür den wirklich schön anzusehenden Blumengarten, wenn ich es mal bunt will, schaue ich zu ihr 'rüber.
Man kann aber nicht alles wildwachsen lassen, sonst kann man sich im Garten weder bewegen, noch sinnvoll etwas anbauen. Ich habe unterdessen einen für mich gut gangbaren Weg gefunden. Ich mähe bespielsweise wöchentlich, damit ich das Gemähte liegen lassen kann (kostenloser Dünger und ohne zusätzlichen Aufwand), belasse hier und da die Blumeninseln, die ich in der Verbreitung fördern will, die sich dann vermehren. Unterdessen habe ich immer eine Blumenwiese, ohne Säen, ohne Graben, Pflanzen, Ausschneiden, Gießen, also ohne große Anstrengung.
Die Wege halte ich frei und entferne ein, zwei, dreimal im Jahr, was da so wachsen möchte. Im Frühjahr mußte ein Baum gestutzt werden, da er zu sehr aufs Vordach wuchs. Mich kostete das Überwindung, aber das Dach unversehrt zu erhalten, war halt auch wichtig. Ich habe dem Baum meine Beweggründe dargelegt, nicht laut ausgesprochen, der Baum hat mich auch so verstanden (nehme ich an). Ich habe dann tatsächlich tatkräftig dabei geholfen (ich habe die zu fällenden Äste ausgesucht). Der Baum hat 'gesagt', es geht in Ordnung. - Ich weiß, daß das für manchen lächerlich klingt, aber ich denke, hier wird mich so mancher doch verstehen.
Den Großteil der Gartenpflege habe ich übernommen, ich schneide z. B. auch die Hecken für gewöhnlich. Dort wachsen immer wieder Bäume. Die müssen aber weg, weil sie in öffentlichen Raum hineinwachsen. Zu uns hin ginge es zwar auch nicht, wegen des Platzes, aber dort wachsen keine. Jedenfalls sage ich ihnen immer: Hier nicht, tut mir leid. :-)
Für die Hecken und Büsche handele ich so eine Art "Haarschnitt" aus. Haare wachsen ja auch wieder nach, und werden immer wieder geschnitten.
Der gestutzte Baum übrigens, er hat natürlich wieder ausgetrieben, (obwohl ich zugebe, daß ich bis es soweit war, immer noch ein wenig um ihn bangte), und die Blätter scheinen mir sogar größer, kräftiger, gesünder auszusehen. Mal sehen, wie die Früchte sein werden, die auch nicht mehr so ganz gesund waren die letzten Jahre.
Es ist doch auch einfach ein erstaunliches Wunderwerk, daß man einen Rhabarber verjüngt, wenn man ihn teilt. Und vermehrt natürlich auch.
Das ist das, was ich meinte, das Gärtnern führt einen direkt zu diesen Zusammenhängen: Die Unterschütterlichkeit des Seins, die Immerwiederkehr des Lebens, der Natur. Auch dann, wenn man, in seinem 'Territorium', darin eingreift, um es an die eigenen Notwendigkeiten oder auch Wünsche anzupassen.
Und man hat ja halt auch Wünsche, wie es aussehen soll, also auch schlichtweg optische oder was den Ertrag bei der Ernte angeht. Brennesseln reiße ich auch manchmal aus, weil sonst die Hecke an der sie wachsen, dort kahl wird (und das nicht mehr aufholt, wie mir scheint). Oder das Jäten, im Beet, oder zwischen Steinplatten usw. Ich lasse auch die doch so schön blühenden Winden
jetzt doch nicht mehr an den Tomaten ranken.
So stand es übrigens auch mal hier im Forum, und hat mich darin unterstützt, das doch anders (als früher) zu betrachten. Das heißt, möglichst ohne das schlechte Gewissen dabei. Im eigenen Garten 'darf' man herrschen, man sollte natürlich nicht gnadenlos werden und z. B. schon auch 'wilde Inseln' belassen, einen Raum für die Natur belassen, wie sie es will.
Ich muß mich schon immer noch mal überwinden, besonders wenn so ein kleines (oder auch mal schon größeres) Pflänzchen blüht. Aber es geht eben auch um den Erhalt "meines Territoriums", das ich ja für gewisse Zwecke nutzen möchte. Sei es Anbau von Gemüse, oder einfach den Weg erhalten, daß er auch begangen werden kann.
Ich habe beispielsweise mal darauf gedrungen, einen Holunderbusch vom Haus weg mehr woandershin zu versetzen (weil er meine Nachbarin störte, und mir gute Nachbarschaft durchaus wichtig ist). Kaum war das getan - mußte ein neues Wasserrohr verlegt werden. Wir haben den Holunder eigentlich damit gerettet. Ich will damit sagen, man lebt auch mit den Pflanzen um einen herum, auch wenn man sie mal stutzt usw. Eine Hecke, so wie man ja oft wohnt - Straße am Haus, Nachbarn gleich daneben - die man nie stutzt, müßte irgendwann ganz entfernt werden, weil sie sich über diese Dinge nebenan hinweg ausbreiten würde. Sie muß sich also darin einfügen, oder eben ganz weg eines Tages.
Mit den Gegebenheiten unserer heutigen Lebensumstände müssen wir eben zurechtkommen. Wobei ich denke, auch wenn man schier unendlichen Platz und keine Nachbarn hätte, wer würde einen Baum ins Haus wachsen und das Dach brechen lassen oder eine Hecke vor der Eingangstür, daß man erst nur noch einen Spalt und schließlich gar nicht mehr öffnen kann?
Ich stelle übrigens auch Vogelbäder auf, die ich mehr oder weniger täglich neu auffülle, schaffe Laubhaufen für Igel im Winter, habe Brutröhren oder wie die Dinger heißen für Wildbienen aufgestellt. Im Winter lege ich auch ständig Äpfel nach draußen, schippe dort auch den Schnee weg. Die Äpfel wären ja auch da, wenn ich nicht da wäre, ich bin es ja, die sie wegsammelt (und lege sie dann wieder hin).
Zum Thema Geräusche oder Lärm: Wir hatten übrigens die letzten beiden Jahre auch fast ununterbrochen sehr laute Bauarbeiten direkt nebenan. Dieses Jahr ist das nun 'rum. Ja, über eine Baustelle freuen sich nur vierjährige Buben. Aber manche Dinge müssen eben gemacht werden. Wenn ich den Schrank auswische, steht auch erst mal alles kreuz und quer auf dem Tisch, bis es fertig ist. Wir können ja auch wieder in Höhlen ziehen, mit nichts als einem Stecken oder Stein, um vielleicht damit eine Nuß aufzuhacken. Dann hat man auch kein Problem mit zivilisatorischem Lärm oder mal Unordnung.
Ja, und manche Leute sind "blöd", ungezügelt, anmaßend und all das, und man fühlt sich deshalb nicht wohl neben ihnen. Zwischen solchen Nachbarn, aber in wunderschöner Umgebung (mitten im Wald, Rehe vor der Tür) haben wir auch schon gewohnt. Letztlich sind wir umgezogen. Was man nicht akzeptieren und nicht ändern kann, das muß man eben umgehen, wie ich ja schon sagte. Jammern ändert jedenfalls weder den mißliebigen Zustand selbst, noch die eigenen Lebensumstände.
Aber um weiter zum eigentlichen Thema zu sprechen: Was ich oben schilderte, also für mich ist der Garten weder Arbeit noch hauptsächlich Entspannung. Für mich ist er eine Offenbarung. Z. B. wächst bei uns auch eine alte Efeuhecke, die im Herbst so ziemlich die letzte Bienennahrung hier ist. Niemals würde ich die im Herbst stutzen. Dort summt und brummt es, es ist ein Ohrenschmaus. Auch Hornissen sieht man dann dort, und manchmal auch unzählige Schmetterlinge, dort trifft sich so allerhand. Diese Erfahrung, ich berücksichtige sie, und sie tun ja auch was für mich (Bestäuben und so), zusammen mit der Erkenntnis, wie gesagt, daß ich "kein Zerstörer" bin, wenn ich auch in meinem Sinne ja durchaus eingreife (mähe, umgrabe etc.), das ist meine Erkenntnis. Der Garten, 'mein' Garten, er stärkt den Mut, weil man gewahr wird, daß die Vergänglichkeit in Wahrheit ein Kreislauf ist. Ich grüße 'meinen' Garten jeden Tag, und reiche ihm dabei täglich erneut die Hand auf ein für beide gedeihliches und Spaß und Freude bringendes gemeinsames Zusammenleben.
Ich habe einen Lieblingsplatz im Garten, 'unter der schattigen Pflaume' :-), dort wachsen wilde Erdbeeren und die roten Tupfer im Moos sehen einfach so liebreizend aus, die Ecke finde ich einfach lauschig und geradezu märchenhaft. Und wenn schönes Wetter ist, dann ist mir ja kein Weg zu weit, kein Aufwand zu viel, dann schleppe ich Tisch und Stühle dorthin, und dann wird dort gegessen und meist lange gesessen und geredet. Und irgendwann gehen alle wieder ihren Dingen nach, und ich sitze allein da und schleppe alles wieder zurück (Männer...). Ich gehe dabei durch den Garten auch wieder zurück, vorbei am Efeu, den summenden Bienen, den Erdbeeren, Himbeeren, Tomaten, der Blumenwiese, der Wasserschale, in der vorhin noch so schön die Amsel geplantscht hat, und reiche ihm dabei wieder die Hand, einfach dafür, daß er da ist. Und immer wieder da ist. Auch wenn ich immer wieder stutzend, mähend, grabend, pflanzend etc. eingreife.
Viele ertragreiche Pflanzen wachsen übrigens gut ohne viel Aufwand. Meine Favoriten: Brombeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, natürlich Obstbäume, alle Beerensträucher, Rhabarber, nicht zu vergessen diejenigen Pflanzen, die für andere Unkraut sind, die meist sowieso überall wachsen: Giersch, Löwenzahn, Brennesseln.